Metzger-Platz Feb. 2018

Nach der Winterpause gehen die Arbeiten auf dem Max-Josef-Metzger-Platz in Berlin-Wedding zügig weiter. Allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass der Platz bis zu seinem Geburtstag am Samstag, den 3. Februar wieder betreten werden kann. Alles ist mir Bauzäunen abgesperrt.

Aber schon zeichnen sich die Wege ab, die um den ganzen Platz herumführen sollen, wie es vor Beginn der Bauarbeiten von den Planern beschrieben wurde. Verantwortlich ist Büro Jahn, Mack und Partner im Sanierungsgebiet Müllerstrasse

Die Stele, die bisher die einzige Erinnerung an den Namensgeber auf dem Platz war, soll erhalten bleiben. Im Moment, Anfang Februar 2018, ist auch sie von den Bauarbeiten betroffen.

Leider war es bisher, trotz mehrfachem Nachfragen, weder möglich aktuelle Informationen zu dem Historiker zu bekommen, der zu Max Josef Metzger forschen soll, noch wer die motiviernden Esperanto-Sprüche formulieren und kontrollieren soll.

 

Pressemitteilung zum Geburtstag am 3. Februar

Seit gut zwei Jahren ist der Max-Josef-Metzger-Platz in Wedding an der Müllerstrasse eine eingezäunte Baustelle. Es schon kurios, dass die Bauarbeiten auf einem Platz, der einem erklärten Pazifisten gewidmet sein soll, durch die Hinterlassenschaft eines Weltkriegs verzögert wurden.

Die vier Tafeln, die an den drei Ecken des Platzes über das Leben von Metzger und die Vegetation auf dem Platz informiert hatten, sind in Sicherheit gebracht worden. Allerdings müssten sie nach der Neugestaltung des Platzes ohnehin gründlich überarbeitet werden. Vielleicht wird man dann der Person von Max Josef Metzger besser gerecht, denn er war alles andere als der gottergebene Dulder, der sich in sein Schicksal gefügt hat. Das trifft allenfalls auf die letzten Monate vor seiner Hinrichtung im Jahr 1944 zu.

Schon als Student in Freiburg im Breisgau (Baden) war er aufmüpfig, aber auch konsequent. So verzichtete er bewusst auf Alkohol und Zigaretten, weil er bei seiner seelsorgerischen Tätigkeit in Arbeitersiedlungen sah, welches Elend die Trunksucht in den Familien anrichtet. Auch seine Wendung zu einer vegetarischen Lebensweise war ethisch motiviert.

Mit seiner kompromisslosen Propaganda gegen die Trunksucht eckte er bei der Kirchenführung an, die ganz froh darüber war, dass sie ihn nach Graz in Österreich in Ausland ziehen lassen konnten. Der Theologieprofessor Johannes Ude, der ein ähnlicher Querkopf war, hatte ihn als Manager verschiedener Projekte zu sich geholt. Mit Ude teilte Metzger die radikale Haltung zu Alkohol, Tabak und Fleisch.

Esperanto und die Katholische Internationale

Es ist nicht bekannt, wann Max Josef Metzger mit der internationalen Sprache Esperanto in Berührung gekommen ist. In der Lebensreformbewegung war Esperanto zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts bekannt und geschätzt. Jedenfalls wird er 1918 als Kursleiter in Graz erwähnt. Esperanto war für Metzger mehr als eine Sprache. Esperanto war für ihn das Bindemittel für eine „Katholische Internationale“, die er bewusst als Gegengewicht zu den Kommunisten anlegen wollte, auf die sich 1917 nach der Revolution in Russland grosse Hoffnungen gerichtet hatten. Damit eckte Metzger bei den traditionellen Esperanto-Organisationen der Katholiken an, die durch den Ersten Weltkrieg merklich geschwächt waren.

Mitte der zwanziger Jahre gab Metzger resigniert auf und zog sich von Esperanto zurück. Es gibt noch Berichte von Bekannten, die ihn später zufällig auf der Strasse getroffen haben, dass er noch Esperanto konnte.

Christkönigsgesellschaft

Mit der schon 1919 mit Ude als „Missionsgesellschaft vom Weißen Kreuz“ in Graz gegründeten Christkönigsgesellschaft zog Metzger 1928 nach Meitingen nördlich von Augsburg. Es war ein Säkularinstitut in dem 63 Ordensschwestern und 17 Laienbrüder zusammenarbeiten. Nach 1933 geriet Metzger ins Visier der neuen Machthaber und wurde für kurze Zeit eingesperrt.

Ein Beitrag in der Zeitschrift „Heroldo de Esperanto“ berichtet 1936 von einem „Reforma kurachejmo por Esperantistoj“ in Meitingen, wo man zu geringen Kosten von den Brüdern und Schwestern der „Krist-Reĝo-Socio de la Blanka Kruco“ umsorgt wird.

Widerstand in Berlin

Es schien Metzger vernünftig, aus dem überschaubaren flachen Land in Bayern in Berlin in der Anonymität der Reichshauptstadt unterzutauchen. 1940 bezog Max Josef Metzger eine Wohnung in der zweiten Etage in einem Hinterhof in der Willdenowstrasse 8 hinter der Kirche St. Joseph. Die Strasse sollte 1993 ihm zu Ehren umbenannt werden, was auf den Widerstand der Anwohner stiess. In der Willdenowstrasse 8 erinnert nun eine ziemlich unauffällige und hoch angebrachte Tafel an Metzger, die aber nachts beleuchtet wird.

Ersatzweise wurde dann der Courbière-Platz, der nach einem preussischen General benannt war und keine Anlieger hatte, umbenannt. Hier steht an der Front zur Müllerstrasse gegenüber der Kirche ein Gedenkstein.

In Berlin blieben Metzger und seine Christkönigsschwestern nicht untätig. Sie waren aktiv in Widerstand und halfen Leuten, die untertauchen mussten, auch Juden, mit gefälschten Papieren und Lebensmittelmarken.

Die Aktion, die Metzger im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf gekostet hat, war ein Schreiben an Erling Eidem, den evangelischen Erzbischof von Göteborg in Schweden. Er wollte den Allierten nach der zu erwartenden Niederlage vermitteln, dass nicht alle Deutschen Nazis waren. Es handelt sich dabei nicht um einen theologischen Traktat, sondern um ein sozialpolitisches Programm mit Forderung nach „Nationalisierung aller Bergwerke, Kraftwerke, Eisenbahnen, sowie des Großgrundbesitzes an Feld, Wald und Seen“, einer „sozialen Steuerpolitik unter Schonung der Schwachen“ und Abrüstung bis auf eine Polizeitruppe.“ Ehemalige Nazis sollten bekannt gemacht werden und ihre bürgerlichen Ehrenrechte verlieren.

So findet es sich in den Akten des Volksgerichtshofs, der ihn am 14. Oktober 1943 zum Tode verurteilt hat.

Dummerweise war die Frau, die als Kurier ausersehen war, ein Spitzel der Gestapo. Metzger wurde am 29. Juni 1943 verhaftet und in Plötzensee inhaftiert.

Nach seiner Veruteilung wird in das Gefängnis Brandenburg-Görden überführt, wo er in Handschellen in Einzelhaft auf seine Hinrichtung warten muss. Trotzdem kann er noch eine Reihe von Briefen, Liedern, Gedichten und theologischen Schriften verfassen, die in der Regel als massgeblich für sein Lebenswerk betrachtet werden. Am 17. April 1944 wird er mit dem Fallbeil hingerichtet.

Gedenken

Zum Todestag hat die Gemeinde St. Josef-St. Aloysius in Wedding in den letzen Jahren eine Fahrt nach Brandenburg organisiert oder im Anschluss an den Gottesdienst Blumenschmuck zu der Gedenktafel in der Willdenowstrasse gebracht. Etwas überraschend kam die Anbringung eines Stolpersteins]vor der Treppe der Kirche St. Joseph. Es konnte nur sehr kurzfristig zu einer ganzen Veranstaltungsreihe eingeladen werden, die nicht die gewünschte Aufmerksamkeit fand.

In der Krypta der Kirche St. Joseph gibt es eine ständige Ausstellung, die zumindest dann zugänglich ist, wenn die Kirche für Gottesdienste geöffnet ist.

Die Esperanto-Liga Berlin hat mit Blumenschmuck am Gedenkstein in der Müllerstrasse an den Todestag erinnert. Sie hat auch an Informationsveranstaltungen teilgenommen, bei denen über Leben und Werk informiert und eine DVD gezeigt wurde, die vom Christkönigs-Institut in Meitingen produziert wurde.

In Meitigen, wo sich nach einigen Umwegen heute sein Grab befindet, wird das Gedenken intensiver gepflegt. Aber auch in anderen Orten, etwa im Geburtsort Schopfheim oder am Studienort Freiburg, wird des grossen Sohnes gedacht. In Freiburg wurde am 8. Mai 2006 ein Verfahren zur Seligsprechung]in Gang gesetzt. Acht Jahre lang wurden mehr als 6.000 Dokumente zusammengetragen, die sein Wirken als Friedensstifter und „Pionier der Ökumene“ belegen sollen. Seit das Material dem Vatikan übergeben wurde, gibt es keine Informationen zum Stand des Verfahren.

Mit etwas Glück könnte es ja mit der Seligsprechung zur Wiedereröffnung des umgestalteten Platzes klappen.

Roland Schnell

 

 

 

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