Seine Schrift »Der Völkerbund, Seine Kultur- und Wirtschaftsaufgaben« von 1919 hat Walther Borgius noch im Dezember 1918 geschrieben. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs war plötzlich die lange propagierte Idee eines »Völkerbunds« in greifbare Nähe gerückt.
Borgius hatte sich dem »Bund Neues Vaterland« angeschlossen, den pazifistisch und sozialistisch gesinnte Intellektuelle gegründet hatten, mit denen Borgius teilweise schon früher zusammen gearbeitet hatte (etwa Helene Stöcker im »Bund für Mutterschutz«).
In seiner Schrift geht Borgius auch auf das Sprachproblem in der künftigen internationalen Organisation ein. Er betont, dass er weder ein Anhänger von Esperanto (das war er 1907), noch des Ido sei. Beide Projekte nennt er das Werk von Dilettanten und fordert eine Sprache, die von Fachleuten der Sprachwissenschaft entworfen wird.
Seine Darstellung des künftigen Beamtenapparats in der Zentrale des Völkerbunds nimmt die Situation in der heutigen EU-Bürokratie vorweg, mit allen Problemen, die sich aus den verschiedenen Sprachen ergeben.
Er schreibt auf Seite 14 bis 18:
Geben wir dem Völkerbund aber ein internationales Heer, so müssen wir ihm aber auch das Mittel geben, es zu kommandieren:
Eine internationale Sprache.
Man braucht sich nur der tragikomischen und grotesken Vorkommnisse zu erinnern, die jetzt schon sich hier und da im Heer der Entente oder auch bei den Truppen unserer Bundesgenossen ereigneten, um zu verstehen, was Sprachverschiedenheit für ein kämpfendes Heer besagt. Um wie viel mehr aber fällt das ins Gewicht, wenn es sich nicht um nur gemeinschaftlich kämpfende Heere verschiedener Staaten handelt, sondern um ein einheitliches, aber aus verschiedensprachigen Elementen zusammengesetztes Heer. Indessen keineswegs nur die militärische Seite der Sache erfordert eine einheitliche internationale Sprache, sondern in ebenso hohem, ja noch höherem Grade die wirtschaftliche und kulturelle Arbeit des Völkerbundes. Dieser wird zunächst doch seinen Niederschlag finden in einer Art von internationalem Parlament von Staatsvertretern.
Wie denkt man sich die Verhandlungen desselben ohne Proklamierung einer einheitlichen Weltsprache? In großem Umfang wird ferner dieses Parlament (oder sein Vollzugsausschuß bzw. seine Fachausschüsse in Einzelfragen Gutachter und Sachverständige verschiedenster Nationalität anhören müssen. Es wird seine Verhandlungen fortlaufend in offiziellen Protokollen veröffentlichen müssen, usw. Man kann sich schlechterdings kein Bild davon machen, wie alle diese Arbeiten vor sich gehen sollen, wenn mit dem bisherigen Turm von Babel weitergewurstelt wird.
Schon in weit kleineren Verhältnissen hat die Sprachverschiedenheit die fatalsten Situationen heraufbeschworen: Drastisch hat der Direktor im Auswärtigen Amt, Dr. Johannes, die sprachlichen Schwierigkeiten bei den Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk im Hauptausschuß des Reichstages am 19. Januar 1918 geschildert. Man erinnere sich auch der Schwierigkeiten bei den Marokkoverhandlungen: Der spanische Minister des Auswärtigen konnte weder Französisch noch Englisch, der französische Gesandte weder Spanisch noch Englisch, der englische Botschafter weder Spanisch noch Französisch, so daß jedes Wort der Verhandlungen in zwei andere Sprachen verdolmetscht werden mußte, worunter natürlich die Präzision der Verständigung außerordentlich litt.
Als nächstliegender Ausweg erschien es, daß man durch internationale Vereinbarung irgendeine lebende Sprache ein für allemal zur internationalen Vermittlungssprache erklärte. Dann dürfte dies aber selbstverständlich weder das Französische noch das Englische sein, die heute beide eine Art taktischer Weltsprache darstellen, sondern die Sprache irgendeines Volkes, welches erstens in dem jetzigen Kriege neutral geblieben ist und zweitens durch seine (voraussichtlich auch für alle Zukunft) geringe wirtschaftliche und politische Bedeutung nicht die Gefahr in sich trüge, daß die Funktion seiner Sprache als Weltsprache ihm einen für die anderen Völker verhängnisvollen Vorsprung im Kampf um die Weltmacht und um den Weltmarkt gewährte. Diese Bedeutung der Sprache als Machtfaktor und Waffe, deren man sich früher kaum bewußt gewesen ist, ist ja neuerdings ostentativ in den Vordergrund getreten.
Man überlege nur, was für eine gewaltige Bedeutung es praktisch hat, daß beispielsweise der englische Arbeiter, Bauer, Handwerker, Ingenieur, Techniker, Arzt oder Jurist ohne jede Sprachschwierigkeit nach Belieben sich in ganz Amerika und Kanada, in Australien, Südafrika, Indien und auf so und so vielen lnseln, ia sogar in den großen Hafenplätzen ganz fremdsprachiger Gebiete niederlassen und ungehindert seinem Verdienst und seiner sonstigen Betätigung nachgehen kann. Man bedenke, daß das Buch oder die Broschüre, die ein Engländer schreibt, die Korrespondenzen, Zeitungen oder Zeitschriften, die in England erscheinen, ohne weiteres ihr Lesepulılikum in all den genannten Gebieten und darüber hinaus in der gebildeten Welt auch aller übrigen Staaten finden. Man vergleiche damit die Aussichten, die etwa ein ungarisches oder polnisches, italienisches oder holländisches, schwedisches oder bulgaıisches Druckwerk demgegenüber hat. Dann versteht man, was für eine gewaltige Wichtigkeit die Frage der Weltsprache für die Praxis hat.
Und allzuviel besser als die Angehörigen der eben geschilderten kleinen Völker stehen wir Deutschen auch nicht da, Abgesehen von dem ansich größeren Umfang des Herrschaftsgebiets unserer Sprache im Deutschen Reich, Deutsch-Österreich und der Schweiz und allenfalls noch in den kleinen germanischen Grenzgebieten Holland und Skandinavien, in denen man wenigstens beim gebildeten Publikum mit deutsch einigermaßen durchkommt, steht ein nur die Muttersprache beherrschender Deutscher oder ein in deutscher Sprache erscheinendes Preßprodukt dem Ausland ebenso hilflos gegenüber wie jene.
Als solche konventionelle Weltsprache könnte etwa das Spanisch-Portugiesische oder das Schwedisch-Norwegische in Betracht kommen. Einen gewichtigen Einwand aber könnte auch diese Wahl nicht widerlegen: daß alle lebenden Nationalsprachen, welche man auch wählen mag, sprachtechnisch viel zu schwierig sind, um ernstlich allgemein als „zweite Sprache” jedes Kulturmenschen Geltung zu gewinnen, in allen Elementarschulen gelehrt werden zu können. Wie gering ist schon selbst unter den gebildeten Deutschen die Zahl derer, welche die englische oder französische Sprache wirklich beherrschen! Von den zünftigen Diplomaten abgesehen, sind es in der Hauptsache führende Personen aus den Kreisen von Handel und Industrie. Bei der erheblichen Unregelmäßigkeit und Kompliziertheit, welche mehr oder weniger ein Charakteristikum aller lebenden Sprachen ist, nimmt das Erlernen einer fremden Sprache eben ein derartiges Maß von Zeit und Arbeitskraft in Anspruch, daß es sich naturgemäß auf verhältnismäßig kleine Kreise aus dem höher gebildeten Publikum beschränken muß und daß selbst diese es zu~ meist nur zu einem kläglichen Radebrechen, bzw. einem dürftigen Verstehen gedruckter Texte bringen.
Diese Gesichtspunkte sind aber um so schwerwiegender, als die künftige internationale Zusammenarbeit der Nationen im Völkerbund ja nicht mehr, wie bisher die internationale Verständigung zwischen den Regierungen, ein Privileg polyglotter Diplomaten oder Kaufleute sein, sondern im Gegenteil sich gerade vorzugsweise mit auf dem Zusammenwirken ungelehrter einfacher Proletarier aufbauen wird. Gerade die untersten Volkskreise haben künftig das intensivste Interesse an der Mitwirkung an und ständiger Information über die Tätigkeit des Völkerbundes. Also muß diese in einer Sprache erfolgen, welche allen zugänglich ist, allenthalben in den Elementarschulen als zweite Kultursprache neben der Muttersprache gelernt werden kann.
Erweist sich zu diesem Ende die Erklärung einer lebenden Sprache zum internationalen ldiom als nicht durchführbar, so bliebe nur noch eine zweite Möglichkeit, nämlich die Annahme einer adhoc ausgearbeiteten künstlichen Neutralsprache. Ich bin weder „Esperantist“, noch „ldist” (Reform-Esperantist), noch sonst Vertreter einer der zahlreichen Weltsprachensysteme. Im Gegenteil: Nachdem ich eine Reihe von Jahren hindurch eifriger Mitarbeiter erst des „Esperanto”, dann des „Ido“ gewesen war, habe ich schließlich die Überzeugung gewonnen, daß es auf diese ın Wege nicht geht. Immerhin stehe ich deshalb nicht dcm Gedanken einer künstlichen Neutralsprache grundsätzlich ablehnend gegenüber, bin vielmehr geneigt, die bisherigen Mißerfolge der Weltsprachenbewegung lediglich bestimmten Fehlern zur Last zu legen, die mir in der Weltsprachenbewegung entgegengetreten sind. Ihr bisheriger Mißertolg liegt meines Erachtens hauptsächlich an zwei Umständen:
Erstens ist das, was bisher an Sprachsystemen tür diesen Zweck erdacht, angeboten und praktisch propagiert wurde, in der Tat durchweg so stark Dilettantenarbeit gewesen, daß schon dem etwas kritischen Laien ihre konstitutionellen Mängel nicht verborgen bleiben konnten. Ist doch keiner der bisherigen Weltsprachen-Erfinder auch nur auf den Gedanken gekommen, daß man nicht genügend gerüstet sei, eine neue Sprache auszuarbeiten, wenn man ein paar lebende Sprachen mehr oder weniger gut gelernt habe, sondern daß man sich zu solchem Zweck zunächst einmal eine längere Reihe von Jahren hinsetzen müsse, um nüchtern und fleißig Sprachwissenschaft zu studieren, durch eine Anzahl einwandfreier fachwissenschattlicher Vorarbeiten sich als Sachkenner auszuweisen, und überhaupt erst einmal die für den Plan einer Weltsprache in Betracht kommenden Probleme kennen zu lernen.
Zweitens aber hat die Sprachwissenschaft auf diesem wichtigen Gebiete bisher vollkommen versagt. Mit verschwindenden Ausnahmen vereinzelter Personen, die sich für die Bewegung interessierten [wie Schuchardt-Wien für das Volapük, Baudonin de Courtenay-Petersburg für das Esperanto, Jespersen~Kopenhagen für das Ido [Reform-Esperantoll. haben die Sprachwissenschaftler aller Nationen dieser interessantesten Kulturerscheinung ihres Fachgebietes gegenüber nichts bezeigt, als den üblichen jede Berührung ablehnenden akademischen Dünkel gegenüber dem Nicht-Zunftgenossen, der an die Probleme der Zunftgelehrsamkeit zu rühren wagt, bzw., wo sie sich einmal mit der Frage befassen mußten, (wie z. B. Brugmann und Leskien auf Ansuchen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften] ihren Witz an einigen offenkundigen konkreten Mängeln gerieben, ohne dem Problem selbst irgendwie näher zu treten. [Ganz wie die Naturwissenschaftler gegenüber der Wünschelrute und dem Hypnotismus, die Techniker gegenüber der Luftschifffahrt] Hier wird der Völkerbund einzusetzen haben:
Er muß aus den wissenschaftlichen Neuphilologen aller Länder einen Sonderausschuß einsetzen, der mit der Aufgabe betraut wird, die bisherigen zahlreichen Entwürfe einer Neutralsprache zu prüfen; festzustellen, was an ihnen Gemeinsames und Brauchbares ist, was für Mängel und Grundfehler sie aufweisen, und endlich an der Hand der bislang im Laufe der Jahrzehnte gemachten Erfahrungen und Ergebnisse die Grundlagen für eine einwandfreie Internationalsprache zu schaffen. Dies ist keineswegs so schwierig und aussichtslos, wie der Laie auf den ersten Blick meint, wenn man nur erst einmal auf wirklich systematischem Wege und mit dem notwendigen wissenschaftlichen Rüstzeug an die Arbeit herangeht.
Bis das Ziel erreicht ist, kann aber getrost das Esperanto oder Reform-Esperanto als provisoische Neutralsprache den Zwecken des Völkerbundes dienen, wenn man sich nicht dazu entschließen will, einstweilen noch dem Französischen seine bisherige Rolle als Díplomatensprache zu belassen. Der Haupteinwand, der namentlich auch von fachwissenschaftlicher Seite gegen jede künstliche Weltsprache vorgebracht worden ist, ist der, daß eine solche mit Naturnotwendígkeit in kürzester Frist entarten, nämlich sich in eine große Anzahl von Dialekten spalten werde, die allmählich dann wieder zu besonderen Sondersprachen werden würden. So schreibt Brugmann (a.a.O.):
„Die Sprache ist . . . . ununterbrochen der Entwicklung, dem Wandel unterworfen . . . . Findet nun neben der Nationalsprache des Landes in diesem eine andere Sprache Eingang und Verbreitung, . . . so beginnt ein höchst verwickeltes Spiel von Verän derung en . . . . Die Fremdsprache bleibt nie rein, namentlich nicht im Lautlichen, in Wort- und Satzfügung. und im Phraseologischen . . . . über die buntscheckige Sprachenkarte Europas ausgegossen, müßte die Hilíssprache ihre eigene Farbe auf die Dauer wahren können; es dürften keine Verfließungen eintreten, die zu solchen Verschiedenheiten führten, daß das gegenseitige Verstehen sehr wesentlich beeinträchtigt und allmählich ganz aufgehoben wird. Wie das abzuwenden wäre, sehe ich nicht. Wenn das Französische in Deutschland oder in England schlecht und falsch gesprochen oder geschrieben wird, so ist davon für das Französische selbst nichts zu befürchten, Denn die Franzosen stellen die Norm dar, nach der sich alle Nicht-Franzosen zu richten haben. . . . .
Die französische Sprache und so jede lebende Sprache hat eine Heimat, Wenn aber die internationale Kunstsprache, die nichts Bodenständiges ist, …. Seitensprünge tut, und wenn die kulturelle Weiterentwicklung der Menschheit Um- und Neubildungen in dieser Sprache nötig macht, woher sollen dann Norm und Regcl geholt werden? …. Man gründe der Hiltssprache ein eigenes Vaterlandl . . . . Dort hätte man dann die Norm und von dort aus wäre dann der Hillssprache , . . . . ihre Einheitlichkeit zu wahren.” Nun,diesesVaterland der internationalen Neutralsprache, welches Brugmann bisher nicht unberechtigt vermißt, wird künftig eben der Völkerbund sein. Seine nach Tausenden und bald vermutlich nach Zehntausenden zählenden Scharen von Beamten und Angestellten werden, weil den verschiedensten Nationen entstammend, unweigerlich auf den Gebrauch der Neutralsprache untereinander angewiesen sein und so wird in ihm der internationalen Sprache auch das nötige internationale Heimatland entstehen, ohne Territorium und Grenzen, und doch gesicherter, als ein Territorialstaat, weil verankert nicht in zufälligen militärischen Stärkeverhältnissen, sondern in den soziologischen Notwendigkeiten der Menschheit. Völkerbund und Neutralsprache sind zwei Dinge, die sich gegenseitig bedingen, eines ohne das andere nicht sein können. Darüber müssen wir uns klar sein. Weit über die politischen Aufgaben der Sicherung des Weltfriedens hinaus wird aber der Völkerbund eine gewichtige Funktion auszuüben haben im Sinne einer
Internationalisierung des Wirtschattslebens.
Seit Jahrzehnten ist es schon ein viel gebrauchtes Schlagwort gewesen, daß die Wirtschaft sich von der mittelalterlichen „Stadtwirtschaft“ über die neuzeitige „Volkswirtschaft“ hinaus zur nun- mehrigen „Weltwirtschaft” entwickelt habe. ln Wirklichkeit haben wir aber bisher eine Weltwirtschaft noch so gut wie gar nicht gehabt, sondern nur zwischenstaatliche Beziehungen zwischen Nationalwirtschaften, „Weltwirtschaft“, d. h. planmäßige Zentralorganisation des Wirtschaftslebens über die ganze Welt hin, zu schaffen, ist eine noch der Zukunft vorbehaltene Aufgabe; – eine Aufgabe, die bisher nicht Erfüllung fand, weil das konkurrenzwirtschaftliche privatkapitalistische System es nicht zuließ, der überreiche Ertrag der Vorkriegswirtschaft aber auch nicht notwendig machte. Das dürfte jetzt anders werden: In dem Maße, wie sich im Wirtschaftsleben eine Sozialisierung durchsetzt und andererseits die durch die Kriegsverwüstung herbeigeführte gewaltige Knappheit an Rohstoffen, Lebensmitteln, Schiffsraum usw. und die allgemeine Verarmung der Bevölkerung den intensivsten Ökonomis- mus erheischt, wird auf einer ganzen Reihe von Gebieten auch eine weltwirtschaitliclıe Zentralisierung des Wirtschaftslebens möglich, ja unerläßlich werden.
In der Broschüre sind auch die Ziele des Bundes (Seite 31)
Auszug aus dem Programm des Bundes Neues Vaterland.
Der Bund umfaßt folgende Arbeitsgebiete:
1 Mitarbeit an der Verwirklichung des Sozialismus durch wissenschaftliche und propagandistische Arbeit etwa im Sinne der Londoner Gesellschaft der Fabier und vorbereitende Mitwirkung an der Durchführung organisatorisclıer Maßnahmen der öffentlichen Gewalten unter Heranziehung von Fachleuten.
2. Kampf fiir die Abschaffung jeder Gewalt- und Klassenherrschaft, Kampf für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit durch Einflußnahme auf Presse, Parteien und Regierungen.
3. Kultur der Persönlichkeit durch Pflege aller geistigen und sittlichen Entwicklungsmöglichkeiten des Einzelnen unter gleichzeitiger Betonung des Gemeínschafsinteresses.
4. Mitarbeit an der Völkerversöhnung, insbesondere durch Zusammenarbeit mit ähnlich gerichteten Organisationen des Auslandes; Abschaffung der Gewalt als Mittel politischer Auseinandersetzung der Völker. Diesem vierfachen Zwecke des Bundes liegt folgende Auffassung des politischen Lebens und sozialen Geschehens zugrunde.
Das Ziel aller Kultur erblicken wir in der freien Entfaltung der Persönlichkeit jedes Volksgenossen und in dessen Höherentwicklung auf der Grundlage wahrhafter geistiger und sittlicher Kultur. Voraussetzung hierfür ist die politische Freiheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit des lndividuums und somit die Gleichheit der gesellschaftlichen Entwicklungsbedingungen.
Politische Freiheit und Gleichheit aber sind das Wesen der Demokratie, während wirtschaftliche Unabhängigkeit im Sozialismus ihre Erfüllung findet. Daher gilt es, durch Verschmelzung von Demokratie und Sozialismus die Voraussetzungen fiir den Neuaufbau der Gesellschaft zu schaffen, die unter der Herrschaft des militaristisch-bürokratischen und kapitalistischen Systems zusammengebrochen. ist.
Da alle Kulturvölker, wie der Krieg besonders deutlich gezeigt hat. nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in allen anderen kulturellen Be- ziehungen eine große auf Gegenseitigkeit begründete Gemeinschaft bilden, so muß den Forderungen des Sozialismus und der Demokratie bei allen Völkern Geltung verschafft werden. Hieraus ergibt sich fiir iedes Volk die Notwendigkeit einer Welt-Kultur-Politik, die von der Idee des Internationalismus ausgehend, über die Schaffung des Völkerfriedens hinaus zu einer Völkervereinigung führt. In gemeinsamer Arbeit der Kulturvölker soll der Sieg des Rechtes über die Gewalt in allen menschlichen Beziehungen verwirklicht werden. Hauptgesichtspunkt für alle Forderungen ist dem Bunde die Herstellung des bestmöglichen Gleichgewichts zwischen dem Interesse des Einzelnen und dem der Gesamtheit. Aber auch die besten Gesetze eines Volksstaates bieten keine Gewähr, daß die Wohlfahrt und Freiheit des Volkes geschützt bleiben, ebenso wie kein Völkerbund und keine Internationale eine Sicherheit für den Weltfrieden bieten, wenn sie nicht fest in den Hirnen und Herzen aller Menschen verankert sind. Deshalb brauchen wir vor allem eine geistige Revolution, damit die Errungenschaften der politischen Umwiilzung festgehalten und immer weiter ausgebaut werden können.
Das ausführliche Programm versendet auf Wunsch die Geschäftsstelle.
Bund Neues Vaterland.
Berlin W. 62, Kurfürıtenıtr. 125.