Kliemke und der Hezog-Regent von Braunschweig 1911

Reproduktion der Einladung im “Germana Esperantisto” 1911, Nr. 4, Seite 79

Im Februar wurden die Honoratioren von Braunschweig in das herzogliche Schloß beordert. Sie sollten auf Einladung des Herzog-Regenten (Johann Albrecht, Herzog zu Mecklenburg) einen Vortrag von Dr. Ernst Kliemke aus Berlin zum Thema “Esperanto” anhören und darüber diskutieren.

Dr. Kliemke war dem Herzog-Regenten, der auch Vorsitzender der Kolonialgesellschaft war, als Direktor der Ostafrikanischen Eisenbahngesellschaft bekannt. Man hatte sich beim Kolonialkongress im Oktober 1910 in Berlin getroffen und Kliemke hatte 1910 in der Zeitschrift “Kolonie und Heimat” einen Beitrag über Esperanto (Kulurkolonien) veröffentlicht.

Am Abend des 19. Februar speiste er mit dem Herzog-Regenten und seiner Frau (Prinzessin Elisabeth zu Stolberg-Roßla) in deren Privatgemächer, dann gingen sie in den großen Saal hinab, wo etwas mehr als 40 Zuhörer warteten. Wie Staatsanwalt Adolf Reinking beobachtete, waren es der Oberbürgermeister, Vertreter der Handelskammer, Unternehmer, der Leiter der Drogistenschule und einige Offiziere.

Klimke sprach mehr als eine dreiviertel Stunde über die Vorzüge des Esperanto. Reinking gibt den Inhalt nur stichwortartig wieder, man kann aber auch anderen Veröffentlichungen von Kliemke aus dieser Zeit erahnen, was seine Themen waren.

Der Minister wollte etwas über die leichte Erlernbarkeit des Esperanto, wozu es in Braunschweig schon Erfahrungen gäbe. Der Leiter der Drogistenschule, Prof. Dr. Eduard  Freise, berichtete von seinen Erfahrungen mit Schülern, die eine unterschiedliche Vorbildung hatten (Abitur bis keine Fremdsprachen) und konnte so vergleichen.  Ab besten hätten die Schüler ohne Fremdsprache gelernt, was er damit erklärte, daß für diese das Erlernen einer neuen Sprache einen größeren Anreiz bot.

Danach ergriff der Herzog-Regent selbst das Wort. Er sagte, daß der Kampf zwischen den verschiedenen Sprachen um die Vorherrschaft unvermeidbar sei. Englisch , Französisch, Spanisch, Russisch, Holländisch würden mit dem Deutschen konkurrieren und die Chancen für die deutsche Sprache seien schlecht. Es hätte auch schon andere Weltsprachen gegeben, etwa das Latein der Kleriker im Mittelalter. Aber warum solle man nicht einen neuen Weg gehen, wenn das erfolgversprechend erscheine.beansprucht die Sprache der Gebildeten zu sein. Warum solle man nicht einen neuen Weg beschreiten, der vielversprechend erscheinen würde.

In der Pause mischte sich der Herzog-Regent unter die Zuhörer und sprach auch Adolf Reinking direkt an. Er wundere sich, daß alle bis zum Ende interssiert zugehört hätten. Das zeige, daß Esperanto es wert wäre, daß man sich damit befasse. Er nannte dann drei  Punkte, die ihm noch unklar seien. Etwa ob Menschen verschiedener Muttersprache Esperanto gleich aussprechen und sich verstehen würden.

Auch einige Mitglieder des Hofes stellten Fragen. Die Freude war groß, als Reinking einige Materialien präsentieren konnten. Darunter war die japanische Esperanto-Zeitschrift “Samideano”, das Jahrbuch von U.E.A. mit statistischem Material und Karten, sowie eine Orginalausgabe des Fundamento, die Frau Hankel beigesteuert hatte. Kliemke und Reinking wurden gebeten, sich auf Esperanto zu unterhalten. Schließlich bat die Frau des Herzog-Regenten darum, daß Dr. Kliemke ein Gedicht auf Esperanto vortragen möge. Er wählte das Gedicht “Mir träumte von einem Königskind” von Heinrich Heine (En sonĝo princinon mi vidis), das Zamenhof übersetzt hatte.

Danach kamen verschiedene Vertreter aus Braunschweig zu Wort, die durchweg kritische Anmerkungen hatten.

Laut Reinking, der ja selber ein Esperantist war, wurden die Einwände glänzend zurückgewiesen und der Abend als großer Erfolg für die Sache des Esperanto betrachtet.

Auch Esperanto-Zeitschriften im Ausland berichteten darüber, wobei sie sich meist auf die Angaben von Adolf Reinking im “Germana Esperantisto” bezogen.In einen mehr als ganzseitigen Beitrag (Seite 108/109) 1911 hob “The British Esperantist” die Bedeutung der Tatsache hervor, daß der Landesherr eines nicht unbedeutenden deutschen Staates zu diesem Vortrag mit Diskussion eingeladen hatte.

 

 

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