Metzger beim Pazifistenkongress 1919

Der  »Achte Deutsche Pazifistenkongress« fand in Berlin vom 13. bis 15. Juni 1919 im Preußischen Herrenhause (heute Sitz des Bundesrates in der Leipziger Strasse) statt. Max Josef Metzger war einer der Teilnehmer, aber er sass nicht still im Publikum, sondern mischte sich in die Debatte ein und formulierte Anträge, die sogar angenommen wurden.

Titelblatt des als Buch erschienenen Prokolls des Achten Deutschen Pazifistenkongresses

Weniger als ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ging es um die Frage, wie hatte zu dieser »Katastrophe« im Sommer 1914 kommen können, welche Fehler die Pazifisten gemacht hatten und wie man mit der neuen Situation in Europa und der Welt umgeht.

In der Liste der über 200 Teilnehmer, die in dem als Buch erschienenen Protokoll abgedruckt ist, finden sich bekannte Namen: Politiker, Wissenschaftler, Schriftsteller und Geschäftsleute. Zahlreiche Abgeordnete der Nationalversammlung liessen sich entschuldigen, weil diese kurz zuvor nach Weimar verlegt worden war.

Das Preussische Herrenhaus in der Leipziger Strasse

Geheimrat Dove hat als Vertreter der Berliner Stadtverordnetenversammlung ein Grusswort gesprochen in dem er die Hoffnungen der Teilnehmer mit den Worten (Seite 14/15) zusammenfasste »….lediglich ein Frieden, der auf den Grundlagen des Rechtes beruht, der gleichberechtigte Völker in dem Streben vereinigt, durch überstaatliche Organisation eine Besserung der gegenseitigen Beziehungen herbeizuführen und die Mittel zu gewähren, um im Falle des Konfliktes einen friedlichen Ausgleich der Streitigkeiten zu bewirken, — daß nur ein solcher Friede die Gewähr der Dauer in sich haben kann.«

Carl von Ossietzky begrüsst Dr. Metzger aus Österreich

In seiner Eröffnung konnte Carl von Ossietzky sogar die einige Vertreter aus dem Ausland begrüssen, darunter als Vertreter des »Weltfriedensbunds« (eigentlich »Weltfriedensbund vom Weissen Kreuz«) einen Dr. Metzger aus Österreich. Dieser war dann auch der einzige, der »Esperanto« erwähnte (Protokoll Seite 61).

Widmung von Alfred Hermann Fried im »Handbuch der Freidensbewegung« von 1905

Unter den Teilnehmern sind die Namen weiterer mehr oder weniger bekannter Esperantisten zu finden, darunter der Bankier Arnhold (Dresden). Er hatte Alfred Hermann Fried die Herausgabe des »Handbuch der Friedensbewegung« ermöglicht, das 1905 eine Widmung. Er ergiff spontan das Wort, als er den Eindruck gewann, dass die Leistungen der alten Pazifisten gering geschätzt würden.

Esperantisten unter den Teilnehmern

Von anderen Esperantisten in der Liste der Teilnehmer, wie Prof. Adolf Schmidt (Potsdam), Julius Hanauer oder Erwin Stolpe (Charlottenburg) sind keine Beiträge im Protokoll vermerkt. Alfred Hermann Fried hatte sich entschuldigt, da er sich im Moment gesundheitlich zu einer so langen Reise nicht fähig fühle. Er hatte einen ausfühlichen Kommentar zum Vertrag von Versailles und dem Vorschlag eines »Völkerbunds« geschickt, worin er beides scharfsinnig kritisierte und entschieden ablehnte.

Die von Fried angesprochenen Fragen, insbesondere nach der »Kriegsschuld« führten zu erregten Debatten, in denen sich auch Metzger zu Wort meldete. Im Tagesordnungspunkt, der die Tätigkeit der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) vor und während des Krieges behandelte, sagte er, er persönlich sei davon überzeugt »daß Deutschland den Hauptteil der Schuld am Ausbruch des Krieges trägt.« und verweist darauf »mit welchem Raffinement die offiziellen Stellen das Volk hinters Licht geführt haben, wie schwer es gemacht wurde, Einblick in die Dinge zu erhalten.« Er spricht sich für eine neutrale Kommission aus,  die eine »einwandfreien Untersuchung der Schuldfrage be­züglich des Kriegsausbruchs« durchführen sollte. Allerdings schränkt er ein »Nicht derjenige trägt die Schuld an einer Schießerei, der den ominösen ersten Schuß abgibt, sondern derjenige, der die Situation verschuldet. Die treibenden Ursachen des Krieges waren der imperialistische Kapitalismus und das System der internationalen Diplomatie. Ohne grundsätzliche Überwindung des Kapitalismus ist kein Erfolg einer Friedensbewegung möglich.«

Er formulierte eine Resolution, die angenommen wurde.

Übernachtung bei Bruder Stratmann

Es ist denkbar, das Metzger  in Berlin nicht auf ein Hotel angewisen war, sondern ein Nachtlager im Kloster der Dominikaner in Moabit bekam . Hier lebte ein alter bekannter aus der katholischen Friedensbewegung: Pater Franziskus Maria Stratmann. Er war von 1914 bis 1923 Studentenpfarrer in Berlin.

Beide hatten zusammen eine Aufruf an die Katholiken veröffentlicht, der zum Mitgliedschaft im »Weltfriedensbund vom Weissen Kreuz« bzw. dem »Friedensbund deutscher Katholiken« aufforderte. Anmeldungen aus Österreich sollten an die Adresse von Metzger in Graz, Anmeldungen aus Deutschland an Stratmanns Dienstadresse in der Karlstrasse 30 (heute Reinhardstrasse) in Berlin-Mitte gehen.

Kurze Zeit war Matthias Erzberger Vorsitzender, der im Oktober 1919 von Kaplan Jocham aus Ehingen abgelöst wurde. Als treibende Kraft galt aber Stratmann. Erzberger war als Abgeordneter des Reichstags erst für einen »Siegfrieden« dann für einen »Verständigungsfrieden« eingetreten. Er war dann an den Verhandlungen zum Vertrag von Versailles beteiligt, den er verteidigte.

Postkarte von 1920

Metzgers zahlreiche Organisationen hatten ab September 1918 ihren Sitz am Karmeliterplatz Nr. 4/5 in Graz, wo das »Weltfriedenswerk vom Weißen Kreuz«,  auf Esperanto »Mondpacverko Kruco Blanka« eine repräsentative Immobilie erworben hatte.

Das barocke Palais Galler war 1680 bis 1690  errichtet worden. Es wurde dann 1938 enteignet war bis 1945 Sitz der Gauleitung der NSDAP. Danach erhielt die katholische Kirche das Palais zurück und verkaufte es 1977 an die steirische ÖVP, die hier seither residiert. Am Palais gibt es eine Gedenktafel.

Die »Grazer Mittagszeitung« vom Dienstag, den 3. September 1918, berichtet über die

Die Volksheilzentrale (Zentralstelle für Volkserziehung zur Lebens- und Gesellschaftsreform auf katholischer Grundlage) ist mit den ihr angeschlossenen Organisationen mit 1. September von der Brockmanngasse 87 nach dem vom »Weltfriedenswerk vom Weißen Kreuz« gekauften eigenen Anwesen am Karmeliterplatz übersiedelt. Demzufolge befinden sich nun in den Räumen Karmeliterplatz 5, 1. Stock, die Geschäftsstellen nachfolgender Organisationen:

  • Weißes Kreuz (Katholisches Weltfriedenswerk)
  • Katholisches Kreuzbündnis Oesterreich (Reichsverein)
  • Priester-Abstinentenbund für Oesterreich
  • Oesterreichische Vereinigung für Trinkerfürsorge,
  • Gemeinnütziger Verein und Verlag Volksheil
  • Gemeinütziger Verein Caritas (Fürsorgebund vom Weißen Kreuz für Mutter und Kind),
  • Gemeinnütziger Verein und Genossenschaft Früchteverwertung,
  • Gemeinnützeger Verein Gasthausreform sowie das
  • Generalsekretariat der Familienweihe an das Hl. Herz Jesu.

Die Grazer Verwertungsstelle der Genossenschaft Früchteverwertung ist in der Hartiggasse 3 (im gleichen Haus) untergebracht, der Verkaufsraum wird in den nächsten Tagen bereits in die bisherigen Räume der Buchhandlung Volksheil, Bischofplatz 1, verlegt werden und wird sodann die Absgabe von Obst und Gemüse an die Mitglieder wieder durchgeführt. Die Buchhandlung Volksheil vom Bischofplatz 1 wird gleichfalls nach dem Karmeliterplatz übersiedeln, dagegen verbleibt die Trinkerfürsorgeflelle Graz der österreichischen Vereinigung vorläufig noch am Bischofplatz l. Am 1. September entsendet« hochwürdigste Ordinariat von Salzburg einen Geistlichen zur theoretisch-praktischen weiteren Ausbildung in sozialer und caritativer Arbeit sowie Großstadtseelsorge auf die Volksheilzentrale. Im September wird in bescheidenem Nahmen ein kleiner Einführungskurs für Geistliche und Theologen durchgeführt.

Dokumente

14. Zur Haltung des deutschen Pazifismus

Der 8. deutsche Pazifistenkongreß nimmt das Referat über die Tätigkeit der Deutschen Friedensgesellschaft und der Zentralstelle Völkerrecht mit Dank für die mit bestem Willen geleistete Arbeit zur Kenntnis. Er bedauert jedoch lebhaft, daß ein großer Teil auch der führenden deutschen Pazifisten während des Krieges der Macht­psychose sich nicht ganz entziehen konnte und erwartet für die Zukunft eine Tätigkeit der Deutschen Friedensgesellschaft im Sinne eines von jeder Konjunktur unbeeinflußten radikalen Pazifismus.

Redebeitrag Dr. Metzger, Graz

Dritte gemeinsame Mitgliederversammlung

Sonnabend, 14. Juni, 9 Uhr vormittags

Dr. Metzger (Graz): Eine eigene politische Friedenspariei ist un­durchführbar, wohl aber wäre dringend erforderlich ein politisches .Aktionsprogramm pazifistischer Arbeit und eine pazifistische AktionsvereinigungderParlamentarier allerParteien zur Durchdringung aller Parteien mit pazifistischem Geist.

Ein Recht eines Staates auf ein Stück Land gibt es nicht, ein Recht auf Land haben diejenigen, die es bewohnen, daher muß die unbedingteste staatliche Selbstbestimmung der klein­sten staatlichen Verwaltungseinheit festgehalten werden, ergänzt durch nationalen Minderheitenschutz und Freihandel.

Als besondere praktische Arbeit konkreter Art für die Friedens­organisationen empfehle ich die Durchführung des Esperanto in allen Vereinen, dadurch erhalten wir auch am ehesten internationle Beziehungen.

Mit dem Redner der unabhängigen Sozialisten gehe ich einig darin, daß den pazifistischen Politikern auf die Finger gesehen werden muß, da Politik den pazifistischen Charakter verdirbt. Dazu sollte die Friedensgesellschaft eine Instanz der Persönlichkeiten schaffen, zu deren unbedingter Friedensgesinnung das größte Vertrauen be­rechtigt ist. Diese Instanz soll das Recht besitzen, in konkreten Fällen über die Vereinbarkeit von politischen Handlungen mit pazifistischem Geist zu urteilen, in Fällen flagranter Verletzung des Pazifismus die Ausschließung aus der Friedens­gesellschaft zu verfügen.

Dr. Metzger (Graz): Die Gewissenserforschung über die Grund­lage der Friedensbewegung muß zu einer Reinigung der Friedens­bewegung von den Konjunktur- und Opportunitäts-Pazifisten führen. Pazifismus ist ein Glaube, eme Weltanschauung, durch die der Krieg, die Gewaltpolitik als unsittlich aufgefaßt wird. Nur diejenigen, die auf diesem Standpunkt stehen und daher unbeeinflußt von jeder Konjunktur gegen den Krieg und für den Völkerbund sind, können als Pazifisten aufgefaßt werden, nur solche dürfen als Führer unserer Bewegung gelten. Auch die grundsätzlichen Pazifisten haben während des Krieges, teils aus mangelnder Einsicht, teils aus vorübergehender Schwäche, große Fehler gemacht. Das muß ausdrücklich anerkannt werden, und ich schlage vor, in einer Resolution einerseits dankbar den guten Willen und Eifer in der Arbeit anzuerkennen, andererseits jedoch zu bedauern, daß man vielfach auch in unserem Lager sich der Machtpsychose nicht hat entziehen können, schießlich den ent­schlossenen Willen zur Durchführung des Radikalismus in der Frie­densbewegung für die Zukunft zum Ausdruck zu bringen.

In der Schuldfrage bin ich persönlich der Auffassung, daß Deutschland den Hauptteil der Schuld am Ausbruch des Krieges trägt. Aber so klar und unbezweifelbar ist das nicht; so kommt es auch, daß die Pazifisten in dieser Frage keineswegs einig sind. Man muß doch bedenken, mit welchem Raffinement die offiziellen Stellen das Volk hinters Licht geführt haben, wie schwer es gemacht wurde, Einblick in die Dinge zu erhalten. Daher ist jedenfalls eine neutrale Kommission zur einwandfreien Untersuchung der Schuldfrage be­züglich des Kriegsausbruchs notwendig.

Andererseits halte ich jedoch die Frage der Schuld am Ausbruch des Krieges nicht für die wichtigste für die Friedensbewegung. Nicht derjenige trägt die Schuld an einer Schießerei, der den ominösen ersten Schuß abgibt, sondern derjenige, der die Situation verschuldet. Die treibenden Ursachen des Krieges vraren der imperialistische Kapitalismus und das System der internationalen Diplomatie. Ohne grundsätzliche Überwindung des Kapitalismus ist kein Erfolg einer Friedensbewegung möglich. Die Friedensbewegung muß das System der internationalen Diplomatie, den Machiavellismus überwinden, als ethischen Grundsatz aufstellen, daß das gleiche Sittengesetz gilt für die Beziehungen der Völker wie der einzelnen Menschen, daß Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit auch im Verhältnis der Völker zueinander sittliche Pflicht ist. Das ist die einzige pazifistische Real­politik.

Redebeitrag von Geh. Kommerzienrat Arnhold (Dresden):

Ich bin der friedfertigste Mensch unter der Sonne, und wenn ich mir das Wort erbeten habe, so geschah das nur, weil ich den innern Drang in mir fühle, die hochgehenden Wogen von gestern und heute etwas glätten zu helfen. Ich gestehe Ihnen aber ganz offen, daß das nicht so sehr leicht ist, denn wenn ich auch ein Feind von Zwischenrufen bin, so konnte ich beim besten Willen nicht umhin, dem einen Herrn Redner aus Leipzig zuzurufen, daß doch seine Freunde, die Unabhängigen,, die Kriegskredite mitbewilligt und die Hurrastimmung vom 4. August ebenfalls mitgemacht hätten. Es ist gewißlich sehr erfreulich, den Kongreß so zahlreich besucht und insbesondere eine außerordentlich große Anzahl neuer Gesichter hier zu sehen. Aber andererseits haben diese neuen Herrschaften m. E. doch keinen Grund, nachdem sie erst auf dem Plan erschienen sind, als das Kind in den Brunnen gefallen war, nunmehr uns, den alten Pazifisten, Vorwürfe ob unserer Untätigkeit zu machen. Ich gebe ihnen kurzerhand zu, daß wir zweifellos noch mehr hätten schaffen und wirken sollen, als tat­sächlich geschah. Aber während wir nur nicht genügend taten, nämlich in den Jahren vor dem Krieg, haben sie doch total ge­schlafen. Ein Grund für sie, uns Vorwürfe zu machen, ist deshalb nicht am Platz. Man kann auch nicht gerade sagen, daß das deutsche Pazifistentum allein versagt habe. Das Versagen liegt vielmehr beim Berner Bureau und da ganz naturgemäß an dem Umstand, daß das Bureau in Bern, der Vorsitzende Lafontaine aber in Brüssel sein Domizil hat. Ich habe oftmals vor dem Kriege in langen Konferenzen die Unzweckmäßigkeit dessen betont, denn Wirkliches schaffen kann’ man natürlich nur dann, wenn man planvoll von einer Stätte aus arbeitet. Es ist tief bedauerlich, wenn man nun jetzt den Professor Schücking und Professor Quidde und so viele andere, meinethalben auch mich, kurz alles alte Vorkämpfer des Pazifismus, womöglich nicht mehr als Pazifisten gelten lassen will, während jeder einzelne nach seinen Kräften seine Schuldigkeit getan hat. Wenn ich von meiner Person reden darf, so habe ich z. B. in den kritischen Julitagen mich mit langen Telegrammen an Lafontaine und an den Sekretär der amerikanischen pazifistischen Organisationen, Mr. Troeblood ge­wendet und inständig gebeten, man möge bei sämtlichen in Frage kommenden Staaten intervenieren. Vermutlich sind die Telegramme gar nicht einmal an ihre Adressen gelangt. Ich habe dann weiter versucht, mit der Schweiz zu korrespondieren, die betreffenden Briefe sind mit dem Vermerk „Absendung wird von der Heeresleitung ver­weigert“ an mich zurückgekommen. Ich bin endlich nicht davor zurückgeschreckt, in einer öffentlichen Versammlung das Verhalten Amerikas als nicht unbegreiflich zu kennzeichnen, was mir Briefe aus der Heimat und aus dem Felde eingetragen hat des Inhalts, daß’ man mit Handgranaten zu mir kommen wollte, daß ich mich schämen sollte, mich einen Deutschen zu nennen usw. Ieh erwähne das nur, [63] um zu sagen, daß Kritisieren wirklich leichter ist als Bessermachen und daß wir, statt uns gegenseitig zu befehden, uns vereinigen sollten, um es künftig besserzumachen. Wir wollen an einem Strange ziehen, suchen, die internationale pazifistische Organisation zu etwas Brauchbarem, Großem zu gestalten und uns von innerpolitischen Fragen fernhalten.

Wenn ich noch ein Wort zur Schuldfrage sagen darf: so hat für mich von Beginn ab festgestanden, daß ein großer, ja der wesent­lichste Teil der Schuld auf Deutschland trifft. Ich habe mich dabei gestützt darauf, daß das Ultimatum an Serbien überscharf gelautet hat, und daß man sich mit der Äntwort nicht begnügte, sondern bis auf das I-Tüpfelchen die vorgeschriebene Antwort zu empfangen be­gehrte, daß man ferner den Greyschen Vorschlägen auf eine Kon­ferenz eine direkte Ablehnung entgegengesetzt hat und daß endlich die Kriegserklärungen von uns ausgegangen sind. Ich kann aber auf der andern Seite nicht verkennen, daß, als Poincard seinerzeit zum Präsidenten gewählt wurde, nicht nur bei uns und in anderen Staaten, sondern auch in Frankreich selbst man den Weltfrieden da­mit gefährdet sah. Ich kann auch den Mord von Serajewo nicht unter den Tisch fallen lassen, auch nicht den Umstand, daß die Be­wohner von Ostpreußen sich gefährdet fühlten, ich kann auch nicht unter den Tisch fallen lassen das, was uns gestern hier von Herrn v. Hermann, der in der kritischen Zeit bei der deutschen Botschaft in London tätig war, gesagt worden ist, und ich kann auch nicht unter den Tisch fallen lassen das, was uns General Montgelas heute bezüglich ganz bestimmter Telegramme berichtete, die an den kritischsten Tagen von hier nach Wien gerichtet worden sind. Ich halte aber auch in dieser Frage eine Einigung zwischen uns allen für erforderlich, und ich meine, daß, wenn wir bezüglich der Schuld­frage uns begegnen wollen, das vielleicht so geschehen kann, daß wir von grobfahrlässiger Handlungsweise unserer Regierung sprechen. Ich möchte zum Schluß Sie nur nochmals bitten: Gehen wir in allem miteinander und nicht gegeneinander, denn Einigkeit macht stark, und nur so werden wir zur Erfüllung dessen kommen, was uns alle gleichermaßen beseelt, nämlich zur Vermeidung so entsetzlicher Verhältnisse, die wir alle schaudernd durchleben mußten.