Weltanschauung

Weltanschauung zu Beginn des Esperanto und aktuell

Bereits 1887 wollte L. L. Zamenhof über Esperanto zur Völkerverständigung beitragen. Mit Homanarismo erweiterte er 1900 die Beilage zu Menschenrechten. Bereits im Völkerbund, kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, konnte Esperanto eine gewisse gesellschaftliche Bedeutung erlangen. Auch in den gegenwärtigen Krisen könnte und sollte Esperanto ein gutes Werkzeug sein, jetzt auch bei den Vereinten Nationen. Das wäre eine weitere Hilfestellung für „Building Confidence-Building Measures“ – für Vertrauen zwischen Nationen, generell zwischen „Feinden“ – das könnte wertvoll sein. Das sollte heute wertvoll sein, als Weltanschauung mit konkretem Aufgabenkonzept.

Beitrag zur Weltanschauung 2025

Beitrag beim Zamenhoffest der Esperantisten, am 13. Dezember 2025, von
Philipp Sonntag

Wir heulen mit den Wölfen – für den Frieden

Liebe Mitglieder,
ich begrüße uns Esperantisten,
die wir, kaum geboren, inmitten des Chaos dieser Welt,
mutig nach Weisheit und friedvollem Trost suchen. Zu Weihnachten wünschen wir uns süße Plätzchen – und vielleicht noch mehr? Wie fühlen wir uns? Vielleicht so wie ich?

Ja, auch ich möchte heute entspannen, mich befreien, frei von allen Zwängen, Aufgaben und Bedrohungen.
Wie gelingt uns das? Hierzu mein kleines Gedicht:

Ich möchte mich gehen lassen
wie ein Hefeteig,
auf warmem Kachelofen,
aus üppiger Schüssel
mollig
hinunterquellen —
Ich möchte mich verströmen,
mir einfach so, übermütig, nur für mich selbst,
Anti-Dingsda-Spray, Lippenstift, Zahncreme
alles in die Haare schmieren,
alles stylen
wie ein Friseur,
mit Gartenschere
zurecht schnipseln,
meine ganz eigene
Wellness zelebrieren.

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Wie Wölfe für den Frieden heulen
Da sind wir nicht allein. Alle Lebewesen kennen, erhoffen sich Weisheit und besingen sie. Sogar Tiger, ja ganze Wolfsrudel, wie es ein berühmter Chor in einem Walt-Disney-Film zeigte.
Die Wölfe singen davon, sie beschwören es herauf, sie wollen Esperanto! Wunderbar, da möchte ich mitsingen. Genauer gesagt: mitjaulen, mitheulen! Nun, es klingt furchtbar. Der Vorteil: Ich kann es, jeder von uns kann es. Also, nur Mut! Ich mache es vor. Danach alle!

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Heinrich Heine meint dazu in der letzten Strophe von „Im Oktober 1849“ (Wikisource):

Das heult und bellt und grunzt. Ich kann
den Duft der Sieger nicht ertragen.
Doch still, Poet, das greift dich an –
Du bist so krank, und schweigen wäre klüger!

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Wir, hier auf unserem FESTO, wir schweigen nicht, wir machen es wie die Wölfe! Sie besingen, beschwören, wollen Esperanto! Dasselbe möchte ich mit euch: singen. Genauer: Jaulen! Nun ja, es klingt schauerlich. Der Vorteil: das kann jede, jeder von uns. Also nur Mut!
Ja, lasst uns singen, jaulen auf Esperanto; ich mache die Melodie vor, dann sie Strophen – und dann jaulen wir im Chor. Erst die Männer, danach die Frauen (mit etwas höheren Stimmen): Schließlich alle zusammen, mit einer kleinen Zeitverschiebung, beide zusammen als Chor.

Der Apell der Wüsten-Wölfe an uns Esperantisten, und sowieso an alle Menschen:
Drei kurze Zeilen

Esperanto
Ŝantu: „Paco!“
Jes vi homoj!
Auf Deutsch wäre das so:
Heult für Frieden
Mit den Wölfen,
Ja ihr Menschen!

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Erstens, ich mache es vor, zunächst die Melodie, dann die Buchstaben gejault.
Zweitens, dann nochmal, mit den Männern.
Drittens mit den Frauen.
Viertens alle gemeinsam.

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Wenn ihr wieder zu Hause seid, macht ihr es in der Familie!
Jeder von uns kann dies zu Weihnachten singen, und jaulen, mit den eigenen Kindern, Enkeln, Urenkeln, mit Tanten und Onkeln.

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Und nun noch dazu ein geistiges Weihnachtsgeschenk, das PACIGILO, deutsch das „Widumi“. Auch das gelingt am besten mit euren Nachkommen, nämlich ein Werkzeug für die eigene Zuwendung, sprich:

„Wie du mir, so ich dir“ (nur eben friedlicher, versöhnlicher)
/ auf Esperanto: PACIGILO = Friedenswerkzeug, Schnuller – nun ja, einen Schnuller würde man so manchem Militaristen gönnen …

PACIGILO heißt hier, vielleicht überraschend: Angemessen für ein Ende von Gewalt. Also: Frieden unterstützen, Krieg diplomatisch beenden. Zumindest versuchen, als ein Angebot von Mensch zu Mensch, vor allem im Alltag.

Das Widumi ist ein Werkzeug für Zuwendung, vor allem für liebevolle Antwort, einerseits nach freundlicher Zuwendung – andererseits durchaus ähnlich nach einem Affront, einer Härte, einer Beleidigung – und zwar sogar nach einer breit üblichen Abschreckung. Üblich wäre, hart zu antworten, mit ähnlicher Abschreckung, Bedrohung bis hin zu Gewalt.
Sowas kennt jeder. Google nennt die schlechte Gewohnheit:

„Der biblische Ausdruck „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ stammt aus dem Alten Testament (Exodus 21,23–25) und ist Teil eines alttestamentlichen Gesetzes, das als Talion bekannt ist. Das ursprüngliche Ziel war, Rache zu begrenzen, indem die Strafe dem Schaden entsprechen sollte …“

Genau solchen Affront gilt es zu unterbrechen. Das Widumi kann Brücken zur Versöhnung bauen. Mit Widumi (kiel vi al mi), mit dem PACIGILO,

dem Friedenswerkzeug:
gelingen Freundschaft und Versöhnung.
https://www.philipp-sonntag.de/WiDuMiAnleitung.pdf
https://www.philipp-sonntag.de/VordruckzuWiDuMi.pdf
Auf Esperanto Dezember 2025 : https://esperanto.berlin/de/mondkoncepto/
Dort mit dem Formular für Widumi und PACIGILO.

Zum Abschluss: Mit Heinrich Heine macht die Anwendung Spaß, schon in der ersten Strophe von „Doktrin“;
siehe: https://www.zgedichte.de/gedichte/heinrich-heine/doktrin.html

Doktrin
Schlage die Trommel und fürchte dich nicht,
und küsse die Marketenderin!
Das ist die ganze Wissenschaft,
das ist der Bücher tiefster Sinn.

PACIGILO ist ein Werkzeug für pragmatische Nächstenliebe, ganz im Sinne des Homaranismo von Ludwik Lejzer Zamenhof
So kann, mit Homaranismo, die Nächstenliebe ganz pragmatisch gelingen.


Im Geist von Kant

Für unser Engagement als Esperantisten, fragen wir uns im Geiste Immanuel Kants:

Was können wir wissen, tun, hoffen – und wer sind wir wirklich?

Philipp Sonntag / ELBB 2/2025

Seit Tausenden von Jahren fühlen sich viele Menschen auf der ganzen Welt unterdrückt und bedroht. Sie haben sich stoisch daran gewöhnt. Der Planet befindet sich im Stadium der Vorzivilisation. Leider ist dies für viele Menschen eine ganz normale Erscheinung.

Für L. L. Zamenhof war das alles andere als normal. Sein Werkzeug für einen vernünftigen Frieden war Esperanto. Er lud uns ein, Esperantisten zu sein, die Hoffnungsvollen. Das war eine wunderbare Aussicht auf erfolgreiches Glück (… usw. mehr im Geist von Kant).

Beitrag zur Weltanschauung 2024:

Identität und soziale Rolle des Esperanto – Herausforderungen durch aktuelle Krisen und Optionen durch dringende Modernisierungen

Philipp Sonntag / ELBB 6/2025

Siehe Versionen: Esperanto (PDF)  | English PDF

und auf Deutsch siehe: Essay vom Juni 2024

nämlich:

Identität und soziale Rolle des Esperanto – Herausforderungen durch aktuelle Krisen und Optionen durch akute Modernisierung

Philipp Sonntag 6/2024

Und noch ein Beitrag von vor hundert Jahren:

Es gibt einen weiteren Artikel auf Deutsch. Es wird hier nur kurz auf Esperanto erwähnt:

„Verkleidete Religionen“ von Carl Christian BRY (1924) Esperanto wird auch in dem 1924 erschienenen Buch „Kritik des kollektiven Wahnsinns“ erwähnt. BRY analysiert darin kritisch die zahlreichen Heilslehren und Ausdrucksformen einer neuen Weltanschauung, die damals aufkamen und allesamt behaupteten, eine Lösung für das Elend zu bieten. Obwohl Esperanto damals alles andere als neu war, erregte es in den „Goldenen Zwanzigern“ vor allem in Deutschland ein bis dahin nie dagewesenes öffentliches Interesse. BRY schreibt wenig speziell über Esperanto, aber seine Gedanken im Allgemeinen sind bemerkenswert.