Unter dem Titel »Grüner Stern. Esperanto und die Geschichte einer jüdischen Sprachutopie« gab es am 28. November 2017 einen Vortrag von Prof. Dr. Liliana Ruth Feierstein anlässlich des 100. Todestags von Ludwig (Lejzer) Zamenhof.
Prof. Feierstein hatte schon am 18. Januar 2017 an der Humboldt-Universität einen Vortag zum Thema „Esperanto: Über Sprache und Utopie“ gehalten.
Veranstalter war die »Jüdische Volkshochschule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin« und sie fand im Jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße 79-80, 10623 Berlin statt. Herr Moser (Gruppe Lietzensee) berichtete, dass es etwa 30 interessierte Zuhörer gegeben hat.
Der Veranstalter hat ein Einladungsblatt erstellt mit Foto von Zamenhof und einer Esperanto-Flagge.
Das Selma-Stern-Zentrum, an dessen Institut für Kulturwissenschaft, an dem Prof. Feierstein forscht, hat eine Pressemitteilung herausgegeben.
1887 wurde das Unua libro, das erste Manifest für Esperanto – auf Russisch von einem jüdischen, jiddischsprechenden Augenarzt, der als Dr. Esperanto (Dr. »Der Hoffende«) unterschrieb – in Warschau veröffentlicht. Wenn sie auch nicht die erste Plansprache war, so ist sie doch diejenige, die sich durchgesetzt hat. Anders als Volapük oder Neo-Latein wurzelt das Esperanto tief in der jüdischen Tradition. Das »Prinzip Hoffnung« (Esperanto) kombiniert die Ideen der Utopie (als soziale Gerechtigkeit, wie sie in dem Schrei der Propheten zu hören ist) mit der zentralen Rolle der Sprache für die Menschheit und für die Zukunft. Auf der Grundlage eines jüdischen Kosmopolitismus, der die Differenzen nicht nur respektiert, sondern auch zu schützen weiß, schuf Ludwig (Lejzer) Zamenhof mit seinem Beitrag eine revolutionäre Übersetzung der jüdischen Sprach- und Sozialideen, die er später mit seinem »Hillelismus«-Programm noch verstärken sollte.
Der Beitrag folgt dem roten Faden der jüdischen Komponenten der Esperanto-Geschichte und liest sie durch die jüdische Philosophie, u.a. im Lichte der Sprachphilosophie Walter Benjamins und der politischen Philosophie Hermann Cohens, Franz Rosenzweigs und Ahad Ha‘ams. Besonders die Auseinandersetzung zwischen den osteuropäischen und französischen Esperantisten am Anfang der 20. Jh. zeigt deutlich, wie unterschiedlich Utopie, Sprache, Spiel und Menschheit im »westlichen« und im jüdischen Denken verstanden werden.
LILIANA RUTH FEIERSTEIN, in Argentinien geboren, ist Professorin für die transkulturelle Geschichte des Judentums am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu
Berlin und am Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind jüdische Kultur, Geschichte und Literatur in romanischsprachigen Ländern, Theorien der Diaspora sowie jüdische Utopien.