Rotes Kreuz und Esperanto

In der Frühzeit des Esperanto gab es Beziehungen zwischen Esperanto und dem Roten Kreuz. Zamenhof selbst hat gesagt.

Man ging von einer gemeinsamen Grundhaltung aus (Pazifismus, Internationalität) aus.

Der Anstoss kam von dem französischen Offizier Bayol, der an der Militärschule Saint  Cyr (20 km von Paris) unterrichtete. Er konzipierte einen Sprachführer der durch die Verwendung von Esperanto die Verständigung zwischen Verwundeten und Sanitätern erleichtern sollte.

Darüber hat die Zeitschrift  »Die Grenzboten , 1907 in einen Beitrag über »Esperanto und das Rote Kreuz« (Seite 514-517) berichtet.

Die ursprüngliche Fassung auf französisch wurde in viele Nationalsprachen übersetzt. Die deutsche Fassung wurde in Berlin vom Esperanto-Verlag Möller&Borel für 5 Pf verkauft.

Das 16-seitige Heft enthielt eine Reihe von Satzmustern für verschiedene Situationen, die für Verwundete, aber auch Kriegsgefangene, in einem fremden Land hilfreich sein konnten »Ich habe Hunger/Durst, Ich blute, Wo sind die Offiziere?« und je nach Nationalsprache in einer phonetischen Schreibeweise angebeben waren. (Kie estas la oficiroj ? = Ki-e ess-tass la ofi-zi-roj ?). Vorausgesetzt das Hilfspersonal verstand Esperanto.

Die Sprache erscheint zeitbedingt etwas altmodisch und viele Begriffe sind heute nicht mehr gebräuchlich (Tinte und Feder zum Schreiben).

Bayol hat den Nutzen des kleinen Heftes, das jedem Soldaten ins Marschgepäck getan werden sollte, erläutert:

Für Militärs jeglichen Ranges und jeglicher Klasse, für Ärzte, Chirurgen, Krankenträger, Zivil- und Militär-Krankenwärter, für Mitglieder des Roten Kreuzes und die Geistlichen sämtlicher Kultur:

Esperanto auf dem Schlachtfeld

Man blieb aber nicht bei der Theorie. Bei den Esperanto-Weltkongressen fanden öffentliche Übung zur Versorgung von Verwundeten statt, bei denen die Teilnehmer mitwirken konnten.

Die Fotos von diesen Übungen wurden auch auf Postkarten verbreitet und sollten den praktischen Nutzen von Esperanto belegen.

Öffentliche Vorführung einer  Übung des Roten Kreuzes beim Esperanto-Weltkongress 1909 in Barcelona. Das Foto wurde auch als Postkarte verbreitet.

 

 

Der Berliner Mediziner Sanitätsrat Breiger (auch als »Lichtarzt« bekannt) schrieb 1914 im »Germana Esperantisto« kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs einen Beitrag »Esperanto kaj Ruĝa Kruco en mondmilito« und beschrieb die Bereitschaft der Helfer entsprechend der Genfer Konvention die Gefangenen zu versorgen, aber auch die sprachlichen Grenzen:

  • Laŭ la interkonsento de Genevo la vunditoj kaj la malsanaj soldatoj devas esti prizorgataj kaj flegataj per tiu militanta armeo, kiu kaptis ilin. Nia militsanitara korpuso kaj la unuiĝo de l’ Ruĝa Kruco estas ĉiam pretaj, plenumi la devojn de la Geneva interkonsento, sed ili bedaŭrinde tion ne povas sufiĉe bone fari: la militkuracistoj, la militaj vunditportantoj, la flegistaro kaj la geanoj de l’ Ruĝa Kruco ne povas interkompreniĝi kun la vunditoj, ĉar ili ne scias ilian nacian lingvon, kaj bona interpretanto ofte mankas. Do ili ne povas konsoli la vunditojn kaj mildigi iliajn dolorojn.

Rezension von Sanitätsrat Breiger im Germana Esperantisto (1910) Seite 109

Er verweist auf die Broschüre : »Der Esperantist-Samariter auf dem Schlachtfelde und im Lazarett« von Ernst Loose, Möller & Borel, 1910, 67 Seiten, und auf das »Deutsch-Esperanto-Wörterbuch fŭr das Rote Kreuz«de Dr.  med. Friedrich Uhlmann (Süddeutscher Esperanto-Verlag, 1913, 43 Seiten).

Der Mediziner Uhlmann war ein typischer Vertreter des progressiven Esperanto (Monist, Freimaurer) mit Verbindung zu Forel und Mitarbeiter der Zeitschrift »Dokumente des Fortschritts« mit der Esperanto-Ausgabe als »Homaro«.

Er hielt am 30. März 1913 einen gut besuchten Vortrag in Basel vor Vertretern des Roten Kreuzes. Dabei kam er insbesondere auf die  Balkankriege (1912/13) zu sprechen. Als Reaktion auf den Vortrag wurde eine Esperanto-Abteilung des Roten Kreuzes gegründet und für einen Esperanto-Anfängerkurs meldeten sich 60 Interessierte.

Es gibt eine vergnügliche Schilderung der Übung während des Esperanto-Weltkongresses in Bern. Der französische Esperantist René-Charles Pichon hatte schon bei früheren Weltkongressen teilgenommen und wurde mit einem Zettel versehen, der seine Verwundung beschrieb (erschienen in »La Revuo«).

Dann wurde es ernst, denn der richtige Krieg hatte im Sommer 1914 begonnen. Der »Germana Esperantisto« (1914 Nr. 8 – 10 A, Seite 133) rief zu Spenden auf. Die Gruppe Dresden hatte schon 30 Mark in bar an das Rote Kreuz gespendet und lieferte wunschgemäss Strümpfe, Kaffee und Schokolade als »Liebesgaben« ab.