Flatauer, der Komet

Die wenigen Jahre vom Sommer 1924 bis Januar 1928 haben genügt um den Namen von Otto Flatauer tief, aber nicht dauerhaft in die Erinnerung des Esperanto-Lebens von Berlin einzugraben. Mit einem Kometen, der gefunkelt hat, und dann auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist, hat ihn Dr. Kliemke, der damalige Präsident des des Deutschen Esperanto Bundes in seinem Nekrolog (GE 1928 19) verglichen.

Er erinnert sich, wie er Flatauer, der im selben Haus in Schöneberg gewohnt hat, im Sommer 1924 durch eine „Mieterangelegenheit“ kennen und schätzen gelernt hat. In Kliemkes Buch „Sprache und Kultur“ fand Flatauer die Anregungen für Esperanto, die ihm bisher gefehlt hatten und als Kliemkes Kurs im Berliner Tageblatt erschien, begann er mit dem Lernen.

Nachdem die zweite Lektion erschienen war, machte er mit darin verwendeten Wörtern zur Übung ein Gedicht. Das war der Beginn einer Serie von Gedichten, die bis zu seinem Tod jede Woche im Berliner Tageblatt erschienen. So sann er bereits als Schüler auf die Optimierung von Lehrmethoden und wie man die Idee verbreiten könne

Für seine privaten Handelsschulen mit Standorten in Mitte (Dierksenstr. 23) und Neukölln (Berliner Strasse 57) warb Flatauer nicht nur im Berliner Adressbuch, sondern auch mit einer Werbtafel auf einem Gebäude am Alexanderplatz. Der Schriftzug „Lehrer Flatauers Handelsschule) ist auf alten Postkarten deutlich zu erkennen.

Es gibt mehrere Versionen dieser Postkarte, teils sogar koloriert und mit unterschiedlicher Datierung. Auf alle Fälle war er mit einer Adresse an zentralem Ort in der Stadtmitte sichtbar. Seine zweite Schule lag in Neukölln in der heutigen Karl-Marx-Straße.

Flatauer versuchte Esperanto auch an seinen Schulen einzuführen, was zunächst nicht den erhofften Erfolg hatte und gründete eine „Esperanto-Schule des Esperanto-Verbandes Berlin“ mit einem Eintrag im Telefonbuch (GE1924 185 okt). Das führte zu Auseinandersetzungen in der Berliner Gruppe, die letzlich auf eine Spaltung hinausliefen. Darüber berichtet Erwin Stolpe seinen Erinnerungen. Es dauerte einge Zeit, bis die Gruppen wieder zusammenfanden.

Nachruf von Kliemke im Germana Esperantisto 1928

Dem Andenken Otto Flatauers von Dr. Ernst Kliemke

Ein Komet am Himmel der Esperanto-Bewegung war erschienen, hat kurze Zeit geglüht und gefıınkelt und. ist dann auf Nimmerwiederkehr dahingegangen. Dunkel ist die Stelle, die so oft den Blick auf sich zog, aber noch lange wird gar mancher an den leuchtenden Schein denken und sich wehmütig fragen: Warum mußte er so bald erlöschen? _

In Otto Flatauer war ein Leuchten, ein Sprühen und Funkeln. Sein rasch beweglicher Geist schien Tag und Nacht nicht zur Ruhe zu kommen, unaufhörlich schürte er das Feuer der Gedanken, daß es in ihnen blitzte von Einfällen und Beobachtungen, von Anregungen und Hinweisungen, von Funken zu formender Dichtungen und zu leistender Taten. Und mit Kraft und Ausdauer hielt er fest, was ihm des Zweckes und der Mühe wert schien, und meist mit glücklicher Leichtigkeit, oft auch in zähem Ringgen führte er durch, was er sich als Aufgabe gesetzt hatte. Wo die Lösung der nicht von ihm allein abhing, da kåınpfte er, um ıiie Widerstände zu überwínden, die ihm die Lage der Dinge, Kurzsıchtigkeit und Selbstsucht der Menschen eıtgegensteliten.

Erst Summer 1924 war er zu Esperanto gekommen. Er hatte wohl früher schon davon gelıört, doch, nie in einer Weise, dass er deıı› Wunsch bekommen hätte, ihm näherzutreten. Wie es so im Leben geht; auch wir hatten seit Jahren voneinander gehört, ohne miteinander in Verkehr zu kommen, wir wohnten in demselben Hause,sah3n uns nur bei zufälligen Begegnungen und hatten keinen Anlaß, miteinander zu sprechen. Da kam ich einmal bei einer gemeinsamen Mieterangelegenheit mit ilım in Unterhaltung und merkte, daß er ein Mann war, mit dem es sích lohnte in näheren Vekehr zu kommen. Und dieser entwickelte sich bald zu beiderseitiger Freude.

Er las mein Buch „Kultur und Sprache“ und fand hier zum erstenmal die Anregııngen für Esperanto, die ílım bisher gefehlt hatten. Und als kurz darauf mein Esperanto-Lehrgang im „Berliner Tageblatt” erschien, lernte er danach fleißig und mit wachsendem Interesse. Er nahmn solchen Anteil an dem Lehrgange, nicht um seinetwegen, sondern mehr der Schüler wegen, die durclı ihn für Esperato gewonnen werden sollten, daß er mir und dem Verlage Rudolf Messe immer neue Anregungenr gab, wie man die Leser weiter an Esperanto fesseln könnte. Gleich als die erste oder zweite Lektion erschienen war, stellte er aus den darin vorgekommenenWörtern zur Übung für díe Lesèr, ein Gedichtchen zusammen, das das Berliner Tageblatt auch abdruckte; und begann damit die lange Reihe seiner bis zu seinem Tode in jeder Woche regelmäßig erschienenen Esperanto-Gedichte. „Durch diese Gedichte hat er Esperanto gelernt und schon als Schüler gelehrt und an der Verbreitung der Idee gearbeitet.

Dann ging er daran, in seiner Handelsschule Esperanto als Lehrfach einzuführen, und gab beträchtliche Summen für díe Ankündigungen der Unterrichtskurse aus. Der Erfolg entsprach bei weitem nicht den Erwartungen. Er líeß sich aber nicht entmutigen. Um die Unterrichtskurse der Berliner Esperantu-Gruppen fruchtbarer zu gestalten, schloß er mit dem Esperanto-Verbande Berlin einen Vertrag durch den dieser ihm die Leitung einer für Berlin gemeinschaftlich zu errichtenden Esperanto-Schule übertrug.Das Unterrichtswesen sollte dadurch vereinheitlicht und auf eine höhere Stufe gehoben werden.

Die Kämpfe, die sich aus diesem Vertrage, gegen ihn entwickelten und zu einer Spaltung in den den Berliner Esperanto-Gruppen führten, gehörten zu den traurigsten Kapiteln Berliner-Esperanto Bewegung. Ein Mann von der Bedeutung Flatauers, seiner vornehmen Gesinnung, seiner tiefen Herzensgüte und seiner weitschauenden. Bei nur dem Wohle des Ganzen dienenden Absichten wurde hier von Unverstand und kleinlichen persönlichen Interessen schmählich behandelt, und dies von samideanoj und Beteuerern der interna ideo geschah war etwas, was er kaum fassen konnte. Er war im Grunde seines Herzens ein großer Idealist, wenn er auch ein Mann mit viel Lebenserfahrung und praktischen Blicke wußte, wie viel Schwierigkeiten der Idee des Guten im Wege stehen. Er wußte mit den Unzulänglichkeiten der Menschen im allgemeinen zu rechnen, mit ihrer Gleichgültigkeit und Trägheit, ihrer Unkenntnis und ihrem Unverstande. E war ja das Ziel der Bewegung, Esperanto in diese Kreise zu bringen, die nichts von ihr wußten oder ihm gleichgültig oder feindlich gegenüberstehen.

Von wem anders als von den Esperantisten konnte Esperanto zum Siege geführt werden? Wer eine Sache nicht kennt oder sie falsch beurteilt, kann nicht für sie werben, er muß geworben werden. Was wird aber aus ihr, wenn die, die ihren Wert kennen, nichts für sie tun oder gar durch ihre Kurzsichtigkeit und unlautere Verfolgung persönlicher Interessen der Bewegung schaden.

Es würde zu weit führen, wenn ich auf alles eingehen wollte, was Flatauer für die Esperanto-Bewegung getan hat. Was der Öffentlichkeit bekannt ist (Siehe Nachruf von F. Ellersiek imEsperanto Praktiko Januar 1928) bildet nur einen Teil seiner Leistungen. Viel mehr hat er im stillen getan, an Kleinarbeit, die unermüdlich Samenkorn zu Samenkorn trug und hier und da den Boden für eine fruchtbare Entwicklung vorbereitete. Er versprach einer der wirksamsten Förderer der Esperanto-Bewegung zu werden, der in unserer Zeit entstanden ist, auch ohne irgendwie äußerlich eine Füherstellung zu bekleiden oder zu erstreben.

Die deutschen Esperantisten können stolz auf diesen Mitkämpfer sein und haben reichen Grund, sein Andenken dankbar in Ehren zu halten. Wer ihm persönlich nahestand, wird diesen klugen und lieben, gütigen und wahrhaftigen Menschen, diesen sonnenfrohen Geist und tapferen Charakter nie vergessen.

Theater

Offensichtlich hatte Flatauer Interesse am Theater und auch Beziehungen. Das ging in die Zusammenarbeit mit dem Verlag Rudolf Mosse ein, in dessen Medienkonzern sich der Crescendo Theaterverlag befand. Dieser hatte auch das “Esperanto Tanzlied” als Notenblatt veröffentlicht.

Kanto de Paganini

Gern habe ich die Frauen geküsst Text

Austria Esperantisto 1926 p. 20

El la operet0 ,,Paganini“ de Franz Lehar.
(Crescendo Theaterverlag, Berlin SW 19.)
Vole inojn kisis mi,
Demandis ne: ,,Ĝu tion rajtas vi?“
Pensis mi:
“Prenu vi!
Kisu ŝin, por tio vivas ŝi.“
Jes, kredu: amo min afliktis ne.
Amegas mi, sed ne fidele tre.
Vidu min,
Amatin’:
Jes, krom vi, min plaĉas kelka in’!
Mi konas ardon de l’ vera am’,
Doloron pri malsincero jam,
Guegon komeneiĝintan kunĝoj’.
Mi vidisĥnon surĉagrena voj’!
Mi konas amon dolĉan ne nur Eĉfuriozan——en Mol’ kaj Dur’.
Ridante nun rerigardadas mi:
Feliĉon donu pasi’ kaj vari*!
Vole inojn kisis mi,
Demandis ne: ,,Cu tion rajtas vi?“
Pensis mi:
,,Prenu vi!
Kisu ŝin, por tio vivas ŝi.“
Otto Flatauer—Berlin

 

Über Roland Schnell

Eo ekde 1969, aktiva ekde 1974.
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