Friedenshoffnungen mit Esperanto

 

Philipp Sonntag ESP/2016/WUS/FriedenshoffmESPa.doc Vortrag Danziger 50 am 14. Nov 2016
Vorbemerkung: Manchmal sind deutsche Vorträge oder Schriften zu Esperanto gefragt und da will ich beitragen – so hier auf Einladung vom WUS (World University Service) zu GEW (Global Education Week), 2016 mit dem Motto: „Gemeinsam für eine Welt des Friedens“.
Einige Anregungen aus der Diskussion am 14. Nov. 2016 (Danzigerstr. 50) habe ich bereits in diesen Text einbezogen. Was fehlt, sind Leidenschaft und Provokationen aus unserer Jugend, aus jeglicher Nova Junularo, trotzdem, ich bin „Hoffender“ zu:

Junularo en nia lando interesiĝas kaj interesiĝos pri politiko
Die Merkmale von Esperanto und Homaranismo wurden von L.L.Zamenhof schon im Ansatz konstruktiv auf eine Verträglichkeit bis Friedlichkeit unter Menschen ausgerichtet. Dies ist wohl so gut wie jedem Esperantisten bekannt und eigentlich wäre damit das Thema „Friedenshoffnung mit Esperanto“ schon erledigt, Motto: Sollen doch die anderen auf uns hören! Man könnte allenfalls noch ein paar Irrtümer über Esperanto herausstellen und eben richtigstellen, was die Wahrheit ist.
Meine Hoffnung ist jedoch, dass der folgende Ansatz für Esperantisten und ebenso für andere, insbesondere Friedensbewegte, interessant ist:
Es gibt grundlegende Experten der Sicherheitspolitik, der Vertrauensbildenden Maßnahmen wie bei KSZE, der Rechtsstaatlichkeit und des Völkerrechtes, der Systemtheorie usw., welche die aktuellen Herausforderungen für Frieden in herausragender Weise neu durchdacht haben: Neu, deshalb ist ein plausibles Indiz, dass sie umstritten sein können. Ihre Aussagen und Hinweise betreffen zumindest auf jeden Fall höchst relevante Themen und sind für uns geeignet, Bedingungen jeglichen Friedens zu diskutieren. Es geht um unser Selbstverständnis: Trägt Esperanto hundert Jahre nach dem Tod von L. L. Zamenhof weiterhin zu Recht die Hoffnung für ein friedliches Miteinander der Menschheit im eigenen Namen?
Homaranisten“ gibt es nicht und etliche Esperantisten meinen, Homaranismo sei so problematisch, dass man es am besten ignorieren soll. Für viele Aspekte, besonders im Alltag, hat Homaranismo in der Tat geringe oder sogar irritierende Bedeutung. Ganz anders verhält es sich in Kontexten wie Völkerverständigung, Weltinnenpolitik, Sicherheit: L. L. Zamenhof versuchte mit Homaranismo, strategische Ziele – etwa die Verwendbarkeit von Esperanto als Werkzeug für Ziele wie Frieden in Orten und global – zu ergänzen und zu präzisieren.
Ich werde im Folgenden jeweils Anhaltspunkte der Experten zu Bedingungen des Friedens nennen, um dann versuchen zu können, Eigenschaften von Esperanto und teils Homaranismo den Herausforderungen zuzuordnen. Globaler Frieden wäre eine starke Veränderung und die Rolle von Esperanto könnte sich auf dem Weg dorthin auch stark ändern. Im Grunde war bereits der Start von Esperanto ein großer Schritt, eine erste Stufe: Wo bietet Esperanto eigentlich längst genau das an, was ebenso akut wie grundsätzlich gefordert ist? Zweite Stufe: Wie sieht ein Umbruch, eine starke Veränderung in Richtung Frieden aus und wie stehen dann – womöglich ganz anders als heute – die Chancen, weil Esperanto passt, auch eine Expansion von Esperanto zu erreichen? Dritte Stufe: Was kann dann global gesellschaftlich inklusive Esperanto geschehen? Kann es die Erfüllung dessen sein, was L. L. Zamenhof geplant hatte?
Zur Präzisierung: Nur vor dem Hintergrund eines möglichen Durchbruches kann eine resignierende Empfindung, eine ungeduldige Aussage aus enttäuschten Hoffnungen wie „Bisher fehlender Erfolg von Esperanto“ nachvollziehbar sein. Faktisch gibt es laufend eine Fülle von Erfolgen, durchaus auch in Richtung „Weltinnenpolitik“, wie sie von Kant skizziert und von Carl Friedrich von Weizsäcker und anderen immer weiter entwickelt worden ist.
Es geht uns also um global reale Bedingungen, ähnlich wie jene, die in der Vergangenheit größere Veränderungen angestoßen haben. Wir Esperantisten sollten in der Lage sein, solche Bedingungen zu verfolgen, und diese sowohl zu unterstützen, als auch zu nutzen. Es geht um Aktionen für in Zukunft vorstellbare Durchbrüche von Esperanto in Richtung breiter und effektiver Verwendung für Ziele wie Frieden.
Es geht nicht um momentan absehbare Durchbrüche. Es geht nicht um moralische Appelle an uns für verzweifelte Anstrengungen – sondern um besser gezielte grundsätzliche Einstellungen und Bemühungen. Es geht gezielt darum, bei welchen Themen gerade Esperanto einem in Zukunft wachsenden Bedarf gut entsprechen kann. Von daher ist historisch für uns interessant, wie in der Vergangenheit starke Veränderungen, insbesondere bei Sprache, geschehen sind, und warum: Mit welcher Absicht, entlang welchen starken Veränderungen in den Gesellschaften?
Ich gehe dafür vor allem aus von Carl Friedrich von Weizsäcker, Kenneth Boulding und Samuel Huntington.
Ich zitiere grundlegende Aussagen über Frieden (mit denen ich seit 1964 professionell zu tun hatte, siehe http://www.philipp-sonntag.de/bibliographie.html) und deute jeweils dazu erste Versuche an, eine Friedenshoffnung mit Esperanto besser erreichbar zu machen. Dafür brauchen wir Friedens-Experten ebenso wie Esperanto-Experten, am besten ein Kombination von beiden, z. B. in einem Team. Wera Blanke hat in ihrem Buch: „Esperanto – Terminologie und Terminologiearbeit“ eine Fülle von wissenschaftlichen und praxisbezogenen Sachgebieten genannt, in denen eine Anwendung von Esperanto laufend auf- und ausgebaut wird und immer nützlicher sein wird.
Von Weizsäcker, Carl, Friedrich: Bedingungen des Friedens. Göttingen, 1964, 1-22.
CFW Seite 8:
Der Weltfriede ist notwendig, denn die Welt der vorhersehbaren Zukunft ist eine wissenschaftlich-technische Welt.
Der Weltfriede ist nicht das goldene Zeitalter, sondern sein Herannahen drückt sich in der allmählichen Verwandlung der bisherigen Außenpolitik in Welt-Innenpolitik aus. (CFW 13: Welt-Innenpolitik: Die Entstehung übernationaler Institutionen und die Beurteilung weltpolitischer Probleme mit innenpolitischen Kategorien.)
Der Weltfriede fordert von uns eine außerordentliche moralische Anstrengung, denn wir müssen überhaupt eine Ethik des Lebens in der technischen Welt entwickeln.“
Friedenshoffnung mit Esperanto: Welt-innenpolitisch betrachtet sind sämtliche Sprachen Dialekte, im Sinne regionaler Besonderheiten. In technischen Bereichen wurden künstliche Sprachen entworfen, genutzt, präzisiert und im Zuge der Anwendungen laufend natürlicher. In gesellschaftlichen Bereichen ist dies vorstellbar, teils erprobt und grundsätzlich machbar. Nichts sonst ist auf diesem Weg so systematisch und leidenschaftlich erprobt, wie Esperanto.
Hübinger notiert im Kapitel: „Die Aufgaben des Historikers“1:
Und die Einsichten der ersten Generation von engagierten Beobachtern moderner Konfliktlagen können von verblüffender Aktualität sein. So wie die Antwort auf die Frage, ob es eine „Versöhnung der Völker durch die Geschichtswissenschaft“ geben können, mit der der französische Historiker Marc Bloch seinen Vortrag auf dem Internationalen Historikertag im August 1928 in Oslo schloss. In diesem Monat wurde in Paris der Briand-Kellog-Pakt geschlossen, der den Krieg als Werkzeug nationaler Politik ächten sollte. Zur gleichen Zeit warb Bloch in Oslo eindringlich dafür, „schrittweise eine gemeinsame Wissenschaftssprache herauszubilden (…). Mit einem Wort, wir hören auf, in alle Ewigkeit von Nationalgeschichte zu Nationalgeschichte zu plaudern ohne uns zu verstehen. Ein Dialog unter Schwerhörigen, von denen jeder völlig verkehrt auf die Fragen des anderen antwortet, ist ein alter Kunstgriff der Komödie, dazu angetan, ein aufgeschlossenes Publikum zu erheitern, eine empfehlenswerte Übung ist es nicht.“
Auffallend für Esperantisten ist hier: „…gemeinsame Wissenschaftssprache …“.
CFW 16/18:
Der Friede muss nicht nur durch friedfertige Absichten, sondern durch feste übernationale Institutionen gesichert werden. Absichten und Gefühle wechseln von Land zu Land, von Generation zu Generation; der Friede aber muß alle Länder umfassen und die Generationen überdauern. Diese Institutionen müssen so gut wie möglich den heranreifenden innenpolitischen Strukturen und einer sich vereinheitlichenden Welt angepasst sein. …
In der west- und mitteleuropäischen Geschichte waren Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit das wichtigste Sprungbrett zur institutionell gesicherten Freiheit. …
In der Welt-Innenpolitik ist die Schaffung und Verteidigung zuverlässiger rechtsstaatlicher Formen im Innern der Staaten und durchsetzbarer rechtlicher Normen im Verkehr zwischen ihnen ein vordringliches Ziel; dies ist ein Ziel, das überall auf der Welt persönlichen Einsatz unter Gefahr rechtfertigt. Rechtsstaatlichkeit ist die Grundlage bürgerlicher Freiheit; Freiheit ohne bindende Rechtsordnung vernichtet sich selbst. …
Terror ist ja eigentlich ein plumpes und altmodisches Mittel: Das moderne Problem heißt: Freiheit und Planung. Moderne Industriegesellschaften wie einerseits die der atlantischen Nationen, andererseits die der Sowjetunion werden einander immer ähnlicher; dies geschieht unter der Decke widerstreitender Ideologien …
Friedenshoffnung mit Esperanto: Im Einklang mit Esperanto bietet Homaranismo plausible Optionen an. Solche skizzierten Ansätze von globalen Gemeinsamkeiten weisen in Richtung weltinnenpolitisch konsensfähiger Aktionen. Zugleich ist Esperanto ein Modell einer konsensfähigen Vernunft.
Die moralische Anstrengung obliegt auch uns, „dem Westen“: Im Sinne von „richtig oder falsch“ und logischen Schlüssen (Aristoteles) als westlicher Weisheit ist Esperanto optimal vorstrukturiert. Aber wie können wir Esperanto und Homaranismo weiter entwickeln, im Sinne globaler Gemeinsamkeit und Weltinnenpolitik? Wie können wir Erkenntnisse und Werte anderer Kulturkreise einbeziehen? Ein Beispiel aus fernöstlicher Weisheit könnte sein: „Das Gegenteil einer tiefen Weisheit ist wieder eine tiefe Weisheit“.
KB Kenneth E. Boulding: National Defense Through Stable Peace. IIASA, Laxenburg, 1983 S 30 + 36
KB 29/30:
Eine der ersten Friedensbedingungen sollte sein, dass man die Grenzen von Nationen einfach nicht mehr beachtet. Wofür sich die Menschen interessieren, ihre „Agenda“, das kann sich stark verändern. … Es wäre ein sehr gutes Zeichen, wenn Grenzen so bedeutungslos würden und so künstlich, dass sich niemand darüber aufregt. Einer der Gründe für Erfolge der USA ist, dass Grenzen so nebensächlich geworden sind, dass niemand darüber diskutiert. Tatsächlich war Michigan mal wegen Toledo im Krieg mit Ohio – als dann ein Mann verwundet worden war haben sie beschlossen, dass das Ganze den Streit nicht wert war und aufgehört. …
Nationalstaaten sollten einfach eine praktische, im Wesentlichen willkürliche (Verwaltungs-) Einheit sein, etwas wegen dem man sich keine Sorgen zu machen braucht. Das scheint dann ein ideales politisches System zu sein. Kanada ist ein wundervolles Beispiel einer willkürlich festgelegten Nation. Wenn es Kanada möglich ist, zu existieren, was könnte es dann nicht? Da haben wir ein Land ohne sprachliche Einheit, ohne religiöse Einheit, ohne wirtschaftliche Einheit, ohne politische Einheit – alles was das Land hat ist Einheit! Es besteht seit hundert Jahren.
Friedenshoffnung mit Esperanto: Wir Esperantisten kennen das Problem des Übergangs in eine bessere, z. B. friedliche Gesellschaft. Ausgangslage: Was heute ist, besonders die Vernunft in Esperanto, sind wir gewöhnt. Zielvorstellung: Eine friedliche Utopie können wir uns allein schon durch da Modell Homaranismo sofort vorstellen. Schwierig sind die konkreten Herausforderungen für einen Übergang, z. B.: Wie startet ein Esperantist – anders als andere Personen – einen Abrüstungswettlauf? KB hierzu auf S. 36:
Ich möchte, dass das Militär wahrgenommen wird als „Soldaten ohne Feinde“, allein zur Verteidigung des Planeten. Ich sähe gerne eine gemeinsame Militärakademie von Russen und Amerikanern. …
Ich möchte Dialektik in ein Ritual verwandeln. Sobald man Dialektik ernst nimmt, ist das zu gefährlich. Meiner Meinung nach ist es ein Kennzeichen politischer Reife eines Landes, dass egal wäre wer eine Wahl gewinnt, weil sonst sind wir in Schwierigkeiten. So ähnlich wie bei einem Fußballspiel, da ist es im Grunde egal, wer gewinnt – es geht von unserer Vorstellung aus, wie es sein soll, wie die Gemeinsamkeit wegen Frieden wichtiger ist, als alles andere. Wäre wichtig, wer gewinnt, würde man das andere Team vergiften. Fußball ist nicht Krieg. Es sollte eines unserer Ziele sein, Krieg in Sport zu verwandeln.“
Friedenshoffnung mit Esperanto: Das mit Esperanto erprobte friedliche Miteinander ist ein gutes Zukunftsmodell. Es ist möglich, aus den natürlichen Sprachen die dort starke unnatürliche Willkür rauszunehmen, z. B. indem eineindeutig alle Wörter auf o Hauptwörter sind. So gesehen können Plansprachen wie Esperanto weitaus natürlicher sein, als die sogenannten natürlichen Sprachen: Die Evolution merzt laufend jegliche Willkür aus und präzisiert, von daher sind auch alle Tiersprachen natürlicher als diese mühsam improvisierten Kunstgebilde der menschlichen Sprachen.
Mit erprobten und bewährten Plansprachen können wir uns entspannt über Grenzen hinweg miteinander verständigen. Das ist ein Modell für ideologiefreie, faire, gleichberechtigte Kommunikation und somit im Kern für friedlichen Umgang miteinander.
Es gibt Musterbeispiele für zukunftsweisendes Gelingen, so wie KB es z. B. bei Kanada geschildert hat: Identität einer politischen Einheit kann besonders wenig begründet sein durch Eigenschaften, welche politische Einheiten unterscheiden und in Gegensätze versetzen. Mit Wohlwollen wie bei Homaranismo gelingt ein Miteinander problemlos auch ohne sprachliche Einheit, ohne religiöse Einheit, ohne wirtschaftliche Einheit, ohne politische Einheit. Also: friedensfähig ist ein Land, welches multi-kulturell und neutral angelegt ist und dies bewusst lebt. Zwar können trennende Sprachen leicht zur Belastung werden, aber eine gepflegt multi-kulturelle und neutrale Gesellschaft kann damit umgehen.
Sprachen sind bis hin in regionale Bereiche verschieden, dies ist auch für Kommunikation zwischen Ländern ungeeignet. Nur (!) Esperanto erfüllt momentan schon im Ansatz diese Bedingung von multi-kulturell und neutral. Zwar gibt es erst allmählich „reine Esperanto Kultur“, aber die Übersetzungen aus vielen Sprachen und deren Kulturen in Esperanto hinein sind bemerkenswert zahlreich. Und z. B. mit Homaranismo kann man die Kulturen neutral „sortieren“ und „ordnen“.
KB5:
Die Unsicherheit, welche durch Geheimdienste verursacht wird, ist eine weitere Quelle schädlichen Verhaltens des internationalen Systems. Geheimhaltung in Droh-Systemen bewirkt, dass Glaubwürdigkeit schon im Ansatz sehr schlecht ausgestattet ist und höchst gefährliche und teure Zustände auslösen kann. Ich habe schon oft empfohlen, dass die VN eine Agentur für Spionage einrichten sollen, welche gegen alles und jeden spioniert und die Ergebnisse augenblicklich veröffentlicht. Das würde die Sicherheit des internationalen Systems ganz erheblich verstärken, weil es unter Geheimhaltung wenig oder gar keine Tests geben kann. Solche wegen Geheimhaltung niemals getesteten Systeme zeigen unter Belastung zumeist eine besonders schlechte Leistung …“
Friedenshoffnung mit Esperanto: Natürliche Sprachen praktizieren für Außenstehende eine Art Geheimhaltung durch umständliche Grammatik-Regeln. Das ganze Konzept der Geheimhaltung betont eine fiktive Unmöglichkeit von globalen Gemeinsamkeiten. Wikileaks ist ganz im Sinne von Homaranismo.
Tatsächlich wäre technisch längst möglich, dass alle Menschen im Überfluss leben. Das global eifrige Gegeneinander ist technisch längst überholt, Geheimdienste schaden ihren eigenen Ländern oft mehr, als sie ihnen nutzen könnten. In Anlehnung an Erich Kästner (die Philosophie ist im Grunde nichts andres als eine raffinierte und umständliche Form von Dummheit): „Geheimhaltung ist im Grunde eine besonders raffinierte und umständliche Form von zerstörerischer Ideologie“.
Die Willkür in Religionen ist Blasphemie und trennt die Menschen von jeglichem Gott und ebenso voneinander: Indem hundert Religionen behaupten, nur ihre eigenen heiligen Schriften seien von Gott diktiert – dann hat im Grunde keine mehr als ein Prozent Hoffnung auf Gültigkeit. Würde Gott sich um uns kümmern, so hätte er keine Anlass, keinen Bedarf an Geheimhaltung. Es gäbe keinsterlei „Auserwähltes Volk“. Vielleicht ist eine „künstlich neutral“ vorstrukturierte Sprache die einzig mögliche für „natürliche Religiosität“. Eine friedliche Überwindung von Scharia erfordert eine gewisse Objektivität des Bewusstseins. Mit Esperanto erhält man ein Werkzeug hierfür in bereits erprobter und bewährter Form.
Zum Ausmaß von Veränderung, KB 9:
NDOs (National Defense Organizations) sind ein Teil der Wirtschaft und in einigen Fällen erreichen sie einen Anteil von zehn Prozent davon. Im II. Weltkrieg stieg in USA ihr Anteil an der gesamten Wirtschaft auf bis zu 42 Prozent, das war wirklich enorm. In früheren Zeiten sagte Adam Smith, dass kein Land mehr als ein Prozent der eigenen Bevölkerung im militärischen Bereich haben könne, ohne einen Zusammenbruch zu erleiden.“
Friedenshoffnung mit Esperanto: Starke gesellschaftliche Veränderungen waren möglich und sie sind die Voraussetzung, die Überlebensbedingung in der Moderne. Was für den Übergang in eine friedliche Welt am meisten fehlt, sind Utopien eines Ausbruchs aus schlechten Gewohnheiten, wie z. B. weg von der durch Atomwaffen gefährlichen Abschreckung gegen Feinde. Esperanto ist ein erprobtes Modell für faires Miteinander.
Von daher könnte gerade Esperanto glaubwürdig eine neutrale Agentur für Konfliktlösungen anbieten. Wichtig wären ganz neue Ansätze. So ist gibt es Entsprechungen bei hoher Neutralität und Objektivierbarkeit von Esperanto mit anderen Strukturen, wie z. B. grundlegend bei Software, während es bei „natürlichen Sprachen“ in Anleitungen usw. Fehler gibt, z. B. mangels Eindeutigkeit. Auch wäre eine „Gläserne Verwaltung“ mit Esperanto besser machbar als bisher, es könnte der Datenschutz für den bisher allzu gläsernen Menschen erhöht werden. Es gibt Entsprechungen wie bei Homaranismo mit Menschenrechten usw.
Samuel Phillips Huntington: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert. Europa-Verlag, München, Wien 1996, ISBN 3-203-78001-1.
HK19:
Die zentrale These dieses Buches lautet: Kultur und die Identität von Kulturen, auf höchster Ebene also die Identität von Kulturkreisen, prägen heute, in der Welt nach dem Kalten Krieg, die Muster von Kohärenz, Desintegration und Konflikt. …
Zum erstenmal in der Geschichte ist globale Politik sowohl multipolar als auch multikulturell; Verwestlichung ist etwas anderes als Modernisierung; …
Eine auf kulturellen Werten basierende Weltordnung ist im Entstehen begriffen: Gesellschaften, die durch kulturelle Affinitäten verbunden sind, kooperieren miteinander. Bemühungen, eine Gesellschaft von einem Kulturkreis in einen anderen zu verschieden, sind erfolglos;
Seine universalistischen Ansprüche bringen den Westen zunehmend in Konflikt mit anderen Kulturkreisen, am gravierendsten mit dem Islam und China.“
Friedenshoffnung mit Esperanto: Esperanto kann als neutrales und objektivierendes Werkzeug positiv wahrgenommen und genutzt werden. Aber der spontane erste Eindruck ist anders: Esperanto ist zunächst Mal ein Werkzeug des Westens, der Weißen. Das zeigt sich schon an den Buchstaben, auch an der Herkunft der meisten Wörter. Esperanto müsste sich von daher fair weiterentwickeln. Indem wir als Westler das tun, könnten die anderen Kulturkreise so manches bei Esperanto besser anerkennen. Es mag ja objektiv naheliegen genau die wohl relativ einfachen Buchstaben von Esperanto zu verwenden. Nur: gerade wir dürfen davon am wenigsten ausgehen, müssen Erprobungen zulassen. Weiter gibt es in allen Kulturkreisen wertvolle, zielführend friedensnahe Begriffe. Es müssen nicht viele sein, aber ein paar grundlegende in Esperanto einzubeziehen kann enorm friedlichen Konsens – und letztlich Frieden – voranbringen. Huntington betont die Unterschiede:
HK 386:
Westliche Gesellschaften mögen sich für Konflikt und Gleichgewicht entschieden haben. Geschichte, Kultur und die Realitäten der Macht lassen erwarten, dass Asien für Friede und Hegemonie optieren wird. Die Ära, die mit dem Eindringen von Westlern um 1840 begann, geht zu Ende. China nimmt wieder seinen Platz als regionaler Hegemon ein, und der Osten findet zu sich selbst.“
Huntington begründet dies mit der breit beobachtbaren Anpassung der Länder um China herum, so wird eine moderne und friedliche, nicht unnötig polarisierende Weltinnenpolitik möglich. Der Westen kann damit Probleme haben, siehe
HK 385:
Die chinesische Hegemonie wird Instabilität und Konflikt in Ostasien reduzieren. … Chinas konfuzianisches „Erbe mit seiner Betonung von Autorität, Ordnung, Hierarchie und dem Supremat des Kollektiven vor dem Individuellen legt der Demokratisierung Hindernisse in den Weg.“
Ist das denn schlimm? Es wäre ein interessantes Forschungsprojekt, die Lehre des Konfuzius dem „diplomatisch westlichen“ Konstrukt Homaranismo gegenüber zu stellen, dabei Entsprechungen und Unterschiede herauszuarbeiten. Im Zuge dessen können Machtfaktoren und Sprachen relativiert werden.
HK 42:
Sinngemäß (verkürzt): die Welt wird bestehend aus 7 oder 8 Kulturkreisen am besten verständlich beschrieben. Hingegen weder chaotisch/anarchisch, noch als einheitlich u/o von einer Macht dominiert, noch als durch Nationalstaaten geprägt, letzteres ist in Auflösung. Global aktive Institutionen gewinnen an Bedeutung, sind jedoch kulturell geprägt und unterschiedlich.
Fakt ist: die Verbreitung von Englisch nimmt laufend ab, die von Esperanto laufend zu. HK 82-86, zur Frage einer „Weltsprache“:
Sinngemäß, aus Tabellen: Die einzige Sprache, die global mehr als 10 Prozent sprechen, war und ist Mandarin (chinesisch). Englisch war 1958 bei 9,8% und es nimmt laufend ab, 1992 bei 7,6% und inzwischen womöglich unter 7%.
Huntington schreibt (S. 82-87):
In gewisser Hinsicht kann eine Sprache, die 92% der Menschen fremd ist, nicht die Weltsprache sein. In anderer Hinsicht könnte man sie dennoch so nennen, sofern es die Sprache ist, die Menschen verschiedener Sprachgruppen und Kulturen benutzen, um miteinander zu kommunizieren, sofern es also die lingua franca der Welt, sprachwissenschaftlich gesprochen die wichtigste „Language of Wider Communication“ (LWC) in der Welt ist. …“
Diplomaten, Geschäftsleute, Wissenschaftler, Touristen und die Touristikbranche, Flugzeugpiloten und Fluglotsen benötigen ein Mittel der effizienten Kommunikation untereinander und tun dies heute großenteils auf Englisch.“ …
Wie der führende Sprachwissenschaftler Joshua Fishman bemerkt hat, wird eine Sprache als lingua franca oder LWC eher akzeptiert, wenn sie nicht hauptsächlich einer bestimmten ethnischen Gruppe, Religion oder Ideologie zugeordnet werden kann. In der Vergangenheit wies das Englische viele dieser Zuordnungen auf. Neuerdings ist es „ent-ethnisiert“, ie es in der Vergangenheit mit dem Akkadischen, Aramäischen, Griechischen und Lateinischen geschah.“ …
In dem Maße, wie die Macht des Westens im Verhältnis zu der Macht anderer Kulturkreise allmählich schwindet, wird auch der Gebrauch des Englischen und anderer westlicher Sprachen in anderen Gesellschaften und zur Kommunikation zwischen Gesellschaften langsam zurückgehen.“
Friedenshoffnung mit Esperanto: Sowohl was Buchstaben als auch was Wortübernahmen von Sprachen betrifft, wird Esperanto als „westlich“ wahrgenommen, zumeist als amerikanisch, insbesondere bei den modernen Medien aller Art. Vorteil ist, dass Esperanto trotzdem eindeutig die einfachste und dabei vorläufig modernste Sprache ist, zumindest des Westens, vermutlich weltweit. Zu modern gehört: Esperanto kann sich – und darf sich in einem globalen Konsens – für alle Kulturkreise neutral weiter entwickeln.
Zielführend wäre, mit der Friedenspolitik auf Gemeinsamkeiten verschiedener Kulturen aufzubauen und genau solche Aspekte in Esperanto und Homaranismo zu integrieren. Es könnte sich womöglich herausstellen, dass Homaranismo genau jene Gemeinsamkeiten betont, welche den meisten Kulturen gemeinsam sind! Die Gemeinsamkeiten müssen aber über Grenzen hinweg gelebt werden, durch ein „Bambusgeflecht“ familiärer und persönliche Beziehungen, wie es für den chinesischen Kulturraum (über China hinaus) typisch ist (HK S. 272). Mit Esperanto ist so etwas über Grenzen hinweg gemeinsam und gleichberechtigt (!) möglich.
Soweit Schulkinder Esperanto lernen, hilft ihnen dies bewusst wie unbewusst, Umständlichkeiten zu vermeiden, vernünftige Lösungen von Problemen als natürlich möglich zu verinnerlichen. Bereits im Schüleraustausch würden sie anschaulich erleben, wie bei neutralen und gleichberechtigten Umgangsformen eine Fülle von Problemen, von unnötigen Konfrontationen wegfallen.
Aktuell beschreibt Elke-Schmitter mit „Englisches Hinken“ (SPIEGEL 44/2016, S. 135) die Nachteile, die vielen Umständlichkeiten, die willkürlichen und unnötigen Zumutungen der englischen Sprache und sie betont die Vorteile von Esperanto:
Das Englische, das sich so einfach anlässt, ist ein Beispiel von besonderer Tücke. … Wie wäre es, wenn nun nicht viele zum lebenslangen Hinken verurteilt wären, sondern alle eine Sprache sprächen, zu der sie einen gleich langen Weg zurücklegen müssen? Wenn beispielsweise das einfache Esperanto, Ende des 19. Jahrhunderts als Projekt zur Völkerverständigung auf den Weg gebracht, die erste Fremdsprache eines jeden Schulkindes wäre? Binnen einer Generation wäre eine europäische Öffentlichkeit da, die sich tatsächlich grunddemokratisch verständigen kann. Vorderhand ohne den Reichtum einer Literatur. Aber auch ohne die hemmende und dysfunktionale Abschüssigkeit, bei der das Parlando des einen das Stottern des anderen ist.- Das Englische sagt: Think big!“
Friedenshoffnung mit Esperanto: Weltweit haben Kinder und Jugendliche einen hohen Anteil an der Bevölkerung und sie eint ein gemeinsames Gespür, für eine wünschenswert friedliche und faire Zukunft. Basisdemokratisch ist die Jugend weltweit frustriert. Das kann kaum anders sein, denn sie sieht; Vieles geht schief und sie selbst haben keine Macht. Eigentlich wären sie „die größte Partei“, und am stärksten engagiert, weil es um ihre Zukunft geht, für die genau sie selbst sich durchaus engagieren möchten – und zwar nur in einer Ausweglosigkeit mit Gewalt statt Frieden. Also: Schul-Kinder aller Kultur-Welten vereinigt euch, denn:
  • Es ist irre umständlich Grammatik zu lernen – es sei denn die erste Fremdsprache die man lernt ist grammatikalisch eindeutig, übersichtlich, willkürfrei, harmonisch, freundlich, fair. Schrift und Aussprache passen eineindeutig zusammen – wenn das geht, ist eigentlich längst alles andere nicht akzeptabel. Sprachwissenschaftler sollten Auswirkungen fair untersuchen, so z. B. ob der (angebliche) Wert von „Latein als erster Fremdsprache“ schwer und bitter erkauft werden muss.
  • Die Struktur vom Esperanto ist mit all den eigenen praktischen, in sich logischen Strukturen, bei weitem am besten kombinierbar mit modernen Strukturen wie den Software Ausarbeitungen usw. Das könnte bei „Esperanto als erster Fremdsprache“ bald dazu führen, dass man Esperanto auch öffentlich “ganz natürlich als weitaus natürlicher als alle anderen Sprachen“ empfindet.
  • Solange die führende Macht, derzeit noch USA, ihre Dominanz unfair ausnützt, ist sie das größte Hindernis für globalen Frieden. Weltweit formt sich seit Jahrhunderten mit Erbitterung aus den anderen Kulturkreisen „eine Mehrheit gegen Englisch“, was die Revolution auslösen wird ist die Erkenntnis: Es gibt eine praktische Alternative!“
  • Zu „Vorderhand ohne den Reichtum einer Literatur“: Tatsächlich sind viele der Vorreiter von Esperanto in vielen Ländern selbst Literaten, welche als Hobby gewählt haben, aus ihrer eigenen Sprache Schriften ins Esperanto zu übersetzen: Es gibt eine enorme Fülle solcher Texte und gerade das würde jedem eine Fülle von Literatur weltweit erschließen.
  • Und zum Schluss ein ernstes Thema: Die praktischen Erfahrungen mit Englisch bei der Vermeidung von Eskalationen zu Atomkriegen zeigen enorme Risiken. Jeder verwendet sein improvisiertes Englisch – und das ist, wie auch Huntington betont, weltweit insbesondere in den verschiedenen Kulturkreisen bemerkenswert verschieden. Auch hier lässt sich erhoffen: Mit der Einführung von Esperanto gerade im medientechnischen Bereich könnte im Ansatz eine höhere Sicherheit verbunden werden. Der Durchbruch für Esperanto und seinen Nutzen wird nicht durch Macht erfolgen, nicht durch Gewalt, nicht durch Lobby. Vielmehr geht es um basisdemokratische Begrenzung von Macht, den die Überlebensbedingung der Menschheit ist Frieden, und die Basis dazu sind globale Gemeinsamkeiten und friedliche Interessen.
Fazit, die Beispiele zeigen: Esperanto ist grundsätzlich bestens geeignet für eine friedlichere Entwicklung der Menschheit – es müsste jedoch als lebendige Sprache selbst sowohl allgemein als auch in spezifischen Anwendungen gezielt für Herausforderungen wie Frieden weiterentwickelt werden. Homaranismo gibt hierzu Denkanstöße.
# # # # # #
Exkurs: Wir brauchen mehr Sicherheit gegen Terror, als Lehrer Lämpel gegenüber Max und Moritz vergönnt war, denen der Terror-Anschlag genial hautnah gelingt:
En Maks kaj Morits de Wilhelm Busch mi trovas:
Tion diris kun persist‘ Dass die mit Verstand geschah
Lemplo jen, la instruist‘: war Herr Lehrer Lämpel da:
Jenas vivo aksiom‘: Also lautet ein Beschluss
Klera iĝu ĉiu hom‘.- dass der Mensch was lernen muss
-ne sufiĉias alphabet‘ Nicht allein das ABC
Sole, esti jam poet‘ bringt den Menschen in die Höh;
Kasxe en la domon venas. (zur Meerschaumpfeife von Lehrer Lämpel):
Jen la pipon Maks jam tenas. Max hält sie in seiner Hand;
Morits nun al malutilo sxtopas pulvon de fusilo/

Aber Morits aus der Tasche
El botelo, sxut‘,sxut‘,sxut‘, … geschwinde stopf stopf stopf,
en la pipon dum minut‘. Pulver in den Pfeifenkopf
Nun sen bru‘ rapide for jetzt nur still und schnell nach Haus
pasis jam diserva hor‘.- … denn schon ist die Kirche aus.-
(kaj poste …) (und später dann …):
Knal‘! Eksplodo kaj detru‘ Rums! Da geht die Pfeife los
De la pip‘, kun granda bru‘! Mit Getöse schrecklich groß
Wir wollen, dass es uns besser ergeht als Witwe Bolte, als sie die Hühner am Ast entdeckt:
Kun dolor- kaj zorgo plen
ŝi tranĉile prenas jen
La mortintojn de la ŝnuro
Por ĉesi la torturo.

Fine mi diras:

Engaĝiĝu kun Esperanto por paco!

1 Hübinger, Gangolf: Engagierte Beobachter der Moderne – Von Max Weber bis Ralf Dahrendorf; Wallstein Verlag, Göttingen, (2016), S. 271

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