Ein Nachruf auf einen in der Wolle gefärbten Esperantisten und Kommunisten, der im Moment nur auf Esperanto zu lesen ist.
Der 2018 verstorbene Helmut Lehmann war ursprünglich in Berlin-Neukölln in der dortigen Esperanto-Jugend aktiv. 1964 ging er den damals ungewöhnlichen Weg vom freien Westen in die DDR, wobei in Neukölln kolportiert wurde, er habe auch die Kasse mitgehen lassen. Kommunisten traut man eben jede Schandtat zu.
Das Foto zeigt Lehmann 1958 bei einem »Interzonen Treffen« im Berliner Rathaus. Noch war die Grenze mit Passierscheinen durchlässig und die Esperanto-Freunde in der sogenannten DDR, die noch nicht als Staat anerkannt war, konnten an Veranstaltungen im Westteil der Stadt teilnehmen. In derDDR wurden Esperanto-Aktivitäten mißtrauische beäugt, obwohl viele aufrechte Kommunisten aus den 1920er Jahren darunter waren.
An seinem neuen Wohnort in Frankfurt an der Oder wurde er 1965 Mitglied des Kulturbunds der DDR und gründete 1971 eine Arbeitsgruppe Esperanto, die als Ausgangspunkt für das Esperanto-Leben in dieser Stadt an der Oder betrachtet wird. Er blieb bis 1981 deren Vorsitzender.
Eine Dokumentation der Jahre 1971-1981 der Kreisarbeitsgruppe befindet sich in der Handbibliothek im »Esperanto-Laden« in der Katzbachstrasse.
In dem zweisprachigen (Esperanto, Deutsch) Jubiläumsbuch des Esperanto-Verbandes Berlin-Brandenburg für 1903-2014 ist auf den Seiten 459-463 ein Beitrag von Ronald Schindler über die Aktivitäten von Helmut Lehmann als Vorsitzender der Esperanto-Jugend in Berlin-Neukölln, und als Vorsitzender des Bezirksarbeitskreises Esperanto in Frankfurt (Oder)“ mit historischen Aufnahmen.
“Esperanto – Sprache und Kultur in Berlin und Brandenburg – 111 Jahre“, Redaktion: Fritz Wollenberg, Verlag Mondial – New York, Berlin, 509 Seiten, etwa 200 Illustrationen, ISBN 978-1-59569-340-2 (USA), Preis: 24€.
1953 war eine nicht mehr ermittelbare Zeitung in Berlin stolz darauf dass Esperanto nicht (wie in der DDR) verboten sei und führt die Namen des gerade neu wählten Vorstands auf. Die Gegend um den Breitscheitplatz und der Kurfüstendamm repräsentierten das urbane Leben im freien Westen, damals noch ohne Europa-Center und mit Strassenbahnen.
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