Genau zum Zamenhof-Tag 1978 wurde der Neubau der »Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz« eröffnet, wozu es in der knappen Darstellung der Baugeschichte auf der Website heisst:
1978 : Am 15. Dezember wird nach 20-jähriger Planungsphase und 11 Jahren Bauzeit der Neubau der Staatsbibliothek an der Potsdamer Straße durch Bundespräsident Walter Scheel der Öffentlichkeit übergeben. Den Nutzern bietet der Bibliotheksneubau 600 Leseplätze sowie zwei Säle für Sonderveranstaltungen mit insgesamt 580 Plätzen.
Der sperrige Name wurde von den Berlinern liebevoll als »Stabi« gekürzt, wenn auch die Bibliothek selbst eher das Kürzel »SBB« bevorzugt. Allerdings heisst der elektronische Katalog StaBiKat, und liefert (Stand 24. Dez 2018) 3361 Treffer zum Stichwort Esperanto.
Die Suche nach der Sondersammlung (Signatur 17ZZ) liefert nur 2816 Treffer.
Die historischen Bestände zur Esperanto-Literatur befanden sich damals aber noch im Stammhaus in dem 1914 eröffneten Gebäude »Unter den Linden« und damit in der DDR , also nicht ohne weiteres zugänglich. Die Bestände der Bibliothek waren durch den Zweiten Weltkrieg getrennt worden: rund 1,5 Millionen Bände kamen nach Westberlin, rund 900.000 Bände nach Ostberlin. Hunderttausende Bände gelten als vernichtet oder verschollen. Einiges befindet sich bis heute in Beständen in Polen oder in der ehemaligen Sowjetunion.
Die heutige Esperanto-Sammlung entstand 1936 durch die Übernahme der Bibliothek des »Esperanto-Instituts für das Deutsche Reich« in Leipzig. Sie wurde ohne Kriegsverluste – vermehrt um einige spätere Erwerbungen – als Sondersammlung geschlossen aufgestellt. Es handelt sich um ungefähr 2.000 Bände an Zeitschriften, Sammelbände, Kongressberichte, Monographien und Akten von Esperanto-Vereinigungen.
Das legendäre »Unu Libro« eines »Dr. Esperanto«ist leider nicht dabei.
Johann Pachter (siehe Esperanto-Version) weist darauf hin, dass manche Esperanto-Titel aus historischen Gründen an mehreren Standorten vorhanden seien. So seien Kinderbücher auf Esperanto übergangsweise in dem ehemaligen Getreidespeicher im Westhafen untergebracht, bis auch sie ihren endgültigen Standort nach Abschluss der Bauarbeiten in »Unter den Linden« finden werden.
Am Vormittag des 24. April haben Anna Striganowa und Dmitri Schewtschenko, die Redakteure der Zeitschrift »revuo esperanto«, im Haus an der Potsdamer Straße), die für die Esperanto-Sammlung zuständige Fachreferentin Susanne Henschel besucht. Sie hat die Stellen in den Lesesälen gezeigt, an denen Esperanto-Publikationen zu finden sind.
Sie konnten befriedigt feststellen, dass die aktuellen Ausgaben ihrer Zeitschrift hier im Lesesaal (Bereich HB5 Sprach- und Literaturwissenschaft) frei zugänglich sind .
In einem anderen Teil des Hauses an der Potsdamer Strasse befindet sich eine andere Esperanto-Rarität. Das Ibero-Amerikanische Institut hat 2017 eine fast vollständige Sammlung der Zeitschrift „Meksika Lumturo“ (El Faro Mexicano) mit dem Untertitel „Organo de la Societo Meksika por Propagandi Esperanton“ erworben, die von von 1904 bis 1905 erschienen ist. Unter dem Titel Ein Leuchtturm für Esperanto wurde im Blog auf die Verwendung von Esperanto in Mexiko hingewiesen, wo man durchaus gleichauf mit Berlin war.
Vor der Epoche des Internet der Besuch der Stabi ein unverzichtbarer Teil von Recherchen. In den Katalogen auf Karteikarten konnte man oft fündig werden und bekam das gesuchte Dokument (Buch, Zeitschrifenband) zur Benutzung in den Lesesaal nach einiger Zeit geliefert. Der Fortschritt ausserte sich in Katalogen auf Mikrofiches, die man mit speziellen Lesegeräten (rein optisch) betrachten konnte. Manchmal kam ein gesuchtes Dokument auch in Form einer Rolle Mikrofilm, wozu es andere Geräte zum Lesen gab.
Ein vollständiger digitaler Katalog, der vielleicht nicht nur einen Literaturhinweis, sondern das ganze Dokument liefern würde, war der grosse Traum. Klobige Bildschirme (monochrom grün) für den Zugang zu Datenbanken ware die ersten Vorboten. Selbst wenn es einen Ausdruck (mit einem ratternden Nadeldrucker) gab, musste man die Karte für die Bestellung wieder von Hand ausfüllen. Und wenn das gewünschte tatsächlich vorhanden war, konnte man für 10 Pf pro Seite kopieren.