Vorstellung am 10. Dezember in der Danziger 50
Die Produktion dickleibiger Druckwerke erfreut sich in der Esperanto-Welt weiterhin grosser Beliebtheit. Nun hat es den Historiker Dr. Ulrich Lins getroffen, dem zum 75. Geburtstag eine Festschrift mit dem Titel »En la mondon venis nova lingvo« gewidmet wurde. Das bezieht sich auf die erste Zeile der Esperanto-Hymne, die da lautet »…venis nova sento«
Eine Buchbesprechung von Prof. Sabine Fiedler ist auf der Web-Site von GIL veröffentlicht worden.
Lins war mehrfach in Berlin, zuletzt als Referent bei der Zamenhof-Ehrung im April 2017 im Polnischen Institut, wo er über »Der Wandel des Zamenhofbildes« gesprochen hat.
Das Inhaltsverzeichnis des Buches lässt erkennen, dass ein gerüttelt Mass Berlin-Bezug auf den 710 Seiten untergebracht wurde.
Wenn Thomas Borman über die Bespitzelung von Esperantisten in der DDR schreibt, wird Berlin, in diesem Fall Ostberlin, eine entscheidenede Rolle spielen. Hier war das Büro der Esperanto-Abteilung im Kulturbund der DDR (La danĝeraj lingvo-uzantoj – kiel la sekreta servo de GDR observis esperantistojn). Es sei hier erwähnt, dass im September 2018 eine ausführliche Untersuchung über den Kulturbund veröffentlich wurde, in der auch Esperanto mehrfach erwähnt wird und bekannte Persönlichkeiten der Esperanto-Welt mit Klarnamen genannt werden.
Zimmer, Andreas: Der Kulturbund in der SBZ und in der DDR – Eine ostdeutsche Kulturvereinigung im Wandel der Zeit zwischen 1945 und 1990, Springer, 99 €
Bei dem Beitrag von Bernhard Tuider, heute Leiter des Esperanto-Museums in Wien, über Alfred Hermann Fried, kann kaum unerwähnt bleiben, dass Fried in seiner Wohnung in der Golzstrasse in Schöneberg Esperanto gelernt hat und vergeblich versucht hat eine Esperanto-Gruppe zu gründen. Der Titel »Kiel vi vidas, via incito je lerni Esperanton ne estis vana« spielt auf die Nachricht von Fried an den französichen Pazifisten Gaston Moch an, der ihn lange bedrängt hatte, es doch mit Esperanto zu versuchen.
Javier Alcalde erwähnt drei Esperanto-Projekte von Silvio Gesell, der viele Jahre in der Obstbaukolonie Eden bei Oranienburg gelebt hat (Tri Esperantaj projektoj de Silvio Gesell). Bisher sind keine handfesten Belege aufgetaucht, dass man sich dort mit Esperanto beschäftigt hätte, obwohl das aufgrund der Umstände (Lebensreformbewegung, Vegetarier) naheligend war. In der Zeitschrift »Esperanto« war am 5. Februar 1913 ein Beitrag mit dem Titel »La fruktokultura kolonio „Eden“« erschienen. Der Verfasser E. Wengler gab allerdings als Wohnsitz Essen-Ruhr) an und kannte Eden nicht aus eigener Anschauung, denn er schreibt» ….mi ne estas certa, ĉu oni nepre postulas detenadon de alkoholo, nikotino kaj viando.«
Mit Fritz Wollenberg ist zumindest ein Berliner unter den Autoren. Er schreibt über den Pädagogen und bekannten Esperantisten Ludwig Schödl der 1909 in Berlin geboren wurde. (La kuraĝulo el Neuruppin. Ludwig Schödl – elstara germana esperantisto kaj pedagogo kun civitana kuraĝo).
Bei vielen Beiträgen der Festschrift wird man den Eindruck nicht los, dass die Autoren tief in ihre Archivkiste gegriffen haben. So ergibt sich ein Panoptikum von Beiträgen, deren Bezug zur Arbeit und zur Biografie des Geehrten sich nicht ohne weiteres erschliesst. Viele mögen gedacht haben, ein Historiker würde am ehesten ein irgendwie historisches Thema zu schätzen wissen.
Was man nicht erwarten darf, ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem »Lebenswerk« von Lins, der sich unter dem Etikett »Die gefährliche Sprache« seit Jahrzehnten mit der Verfolgung von Esperanto unter Hitler und Stalin beschäftigt hat und auf diesem Gebiet unangefochten als Koryphäe gilt.