Der Nachrichtendienst »libera folio« hat aktuell eine Analyse des Esperanto Buchmarkts 2017 von Paweł Fischer-Kotowski veröffentlicht.
Leider werden die Bücher, die von Berlinern 2017 veröffentlicht wurden, nicht berücksichtigt:
- Esperanto – Sprache und Kultur in Berlin und Brandenburg – 111 Jahre, Hrsg. EVBB, Red. Fritz Wollenberg, Verlag Mondial – New York, Berlin, 509 Seiten
- Die Esperanto-Übersetzung des Romans »Erben des Schweigens« von Sabine Dittrich , das von Berlinern übersetzt und am 29. Juni 2017 in der Donnerstagsrunde im Beisein der Autorin vorgestellt wurde.
Beide Bücher wurden auch beim Zamenhof-Fest 2017 vorgestellt, das ja auch als Tag des Esperanto-Buchs begangen wird.
Ein Werk, an dem Berliner massgeblich beteiligt waren, wird allerdings erwähnt: Die Nummer 100 des Informilo por Interlingvistoj. mit dem Inhaltsverzeichnis der Nummern 1 bis 99. Die Zeitschrift war seit 1992 unter der Redaktion des kürzlich verstorbenen Detlev Blanke erschienen.
Bei der 2017 erschienenen Übersetzung des 1934 orginal in Esperanto erschienen Romans Turstrato 4 (Turmstrasse 4) von Hans Weinhengst (übersetzt von Christian Cimpa) gibt es zumindest eine Verbindung zu Berlin. Der Autor starb hier gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und wurde in Spandau begraben. Am 29. September 2017 gab es eine Lesung in der Buchhandlung Montag (Pappelallee 25).
Lauter alte Bücher von alten Männern
Bei der Zusammenstellung vonPaweł Fischer-Kotowski fällt auf, dass die meisten Autoren sehr lange bekannt sind und oft neben einem umfangreichen Lebenswerk auch schon ein hohes Alter erreicht haben: Trevor Steele, Sten Johanson, Ed Borsboom, Roman Dobrzyński, Stano Marček, William Auld, Ulrich Lins, Geraldo Mattos, Miyamoto Masao. Mal ganz abgesehen von Urgestein, wie Julio Baghy, Ivo Lapenna und Edmond Privat, die aber nicht mehr unter den Lebenden weilen.
Weibliche Autoren sind eher selten. Erwähnt wird Júlia Sigmond, die aber auch schon 1929 geboren ist und 1969 als »Nova Talento« durchgehen konnte.
Junges und weibliches Potenzial findet man allenfalls bei den Verantwortlichen für»Pasporta Servo«, wo 2017 nach vielen Jahren eine gedruckte Version veröffentlicht werden konnte. Aber das ist keine literarisch anspruchsvolle Tätigkeit mit der man sich als Autor oder Poet profilieren kann.
Stela Besenyei hat einen Blog, der den sehr sympathischen Titel »Stela ĉiam nur kritikas« (Stela kritisiert nur) hat und durchaus literarische Qualitäten aufweist.
Sie betreibt ausserdem eine Seite mit Podcasts unter dem Titel
La Bona Renkontiĝo kun Stela
in dem handwerkliches zur Organisation von Esperanto-Treffen vermittelt wird. Überaus empfehlenswerte Lektüre.
Pasporta Servo ist seit Jahrzehnten ein Projekt des Esperanto-Weltjugenverbandes tejo. Manch bewährter Schriftsteller hat sich dort die ersten Sporen verdient. Auch Paweł Fischer-Kotowski, war einst Generalsekretär von tejo 2013 und verantwortlich für Pasporta Servo. Damals kündigte er die Papierausgabe für August des Jahres an.
Verzerrtes Bild von Pawel
In der Diskussion in einer geschlossenen Benutzergruppe wurde zu Recht angemerkt, dass die Datenbasis von Paweł Fischer-Kotowski wenig representativ sei. Er wertete die nur Umsätze des Buchdienstes (LibroServo) des Esperanto-Weltverbandes UEA aus. Traditionell gehören die Kunden, wie die Teilnehmer der Welkongresse, eher der älteren Generation an und dementsprechend sind ihre Präferenzen. Neuzugänge kann man aus der Datenbank abfragen. Mitte Januar 2017 ist kaum etwas aktuelles zu finden. Ein Krimi von Ronald Cecil Gates ist von 2016, aber der Autor ist von 1923. Immerhin orginal auf Esperanto verfasst wie einer Reihe anderer Kriminalromane von ihm, keine Übersetzung.
Daten von anderen Buchdiensten, etwas dem Buchdienst von Wolfgang Schwanzer in Verbindung mit dem Deutschen Esperanto-Bund (DEB), liegen nicht vor.
Die Seite “Literatur” des DEB erwähnt auch überwiegend historische Werke. Bildgeschichten, wie “Asterix”oder “Tim und Struppi” mögen vor Jahren die Lehrer schockiert haben, sind aber heute selbst Klassiker.
Drucken nach Bedarf
Ein anderer Einwand betraf die Tatsache, dass heute nicht mehr unbedingt über Verlage publiziert und durch den Buchhandel verkauft wird. Das Geschäftsmodell »Books on demand« bietet sich für Esperanto-Literatur an, da es sich in der Regel um kleine Auflagen (meist weniger als 1.000) handelt. Dieser Markt ist statistisch überhaupt nicht erfassbar, es sei denn die Produzenten selbst machen Angaben.
Von Johano Pachter, der bei verschiedenen Veranstaltungen (z. B Zamenhof-Fest 2017) seinen Büchertisch aufbaut, wurde angemerkt, dass auch Jugendliche alte Literatur kaufen würden.
Es kam auch der Einwand, dass Jugendliche eher im Internet kommunizieren würden. Allerdings konnte niemand auf Anhieb eine Stelle nennen, wo moderne Esperanto-AutorInnen zu finden wären.
Es gibt einige Ressourcen, die Esperanto-Literatur zum download bereithalten, darunter so renommierte, wie »Projekt Gutenberg« oder »Wikisources«. Allerdings findet man da auch eher historische Literatur. Neueres kann man teilweise über »Googlebooks« zumindest ausschnittsweise ansehen.
Die Wikipedia enthält auch nur Verweise zu historischen Titeln. Es gibt eine ganze Reihe von Ressourcen, die »eLibroj« anbieten. Es gibt eine Gruppe mit diesem Namen in Facebook, die von Roberto Poort (Las Vegas, USA) eingerichtet wurde. Auf den ersten Blick sieht es dort auch nicht wirklich taufrisch aus.
1 Responses to Esperanto-Buchmarkt 2017