Bei herrlichstem Sommerwetter kamen etwa 100 Leute zum 4. Sommerfest auf den Esperantoplatz. „Bonvenon sur la Esperantoplaco“ – das „Willkommen auf dem Esperantoplatz“ erklang nicht nur in Esperanto und Deutsch, sondern gleich darauf in Albanisch, Spanisch, Griechisch und weiteren Sprachen und machte deutlich, dass sich hier Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und kulturellen Erfahrungen begegneten – Leute aus dem Kiez, aber auch Gäste aus anderen Ländern zog es am 14. September zu diesem Platz, der den Namen der internationalen Sprache Esperanto trägt.
Eröffnet wurde das Fest durch die Veranstalter. Ronald Schindler, der Vorsitzende der Esperanto-Liga Berlin lobte vor allem das gemeinsame Engagement der Vereine, Institutionen und Bürger für diesen Platz und seine Aufwertung. Für die Geschäftsführung von A-Z Hilfen Berlin begrüßte Bereichsleiter Michael Schröder alle Aktiven und Besucher und forderte sie auf, sich über die Angebote dieses schon seit langem am Platz ansässigen Trägers der Wohnungslosen- und Wiedereingliederungshilfen zu informieren, aber auch die Informationsstände der anderen Vereine zu besuchen.
Das bunte Programm auf dem Sternmosaik in der Mitte des Platzes eröffnete der in der internationalen Esperanto-Szene bekannte Sänger und Liedermacher Stephan Schneider mit dem Lied „Mi estas nur hom‘“ – „Ich bin nur ein Mensch“. Von seinen eher leisen Liebesliedern in Esperanto, gesungen zur Gitarre, waren im Laufe des Festes noch einige zu hören. Kinder der Löwenzahn-Grundschule und aus dem Interkulturellen Theaterzentrum am Esperantoplatz begeisterten die Zuhörer dann mit ihren Tänzen und Liedern. Einige Beiträge der Kinder kamen ganz spontan und waren einmal speziell den Schulanfängern gewidmet und zum anderen der Neuköllner Bürgermeisterin, die, wie schon im vergangenen Jahr, das Sommerfest besuchte und mit vielen Bürgern sprach.
Frau Dr. Franziska Giffey erkundigte sich bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von A-Z Hilfen nach deren Erfahrungen und Problemen in ihrer schwierigen Arbeit mit in Not geratenen Menschen, sprach mit Tagesmüttern über deren wertvolle und so notwendige Betreuungsarbeit und interessierte sich sehr für die Stadtraumintervention der Stadtplaner von der AG Urban, die eine Verbindung zwischen dem Esperantoplatz und dem genüberliegenden Spiel- und Bolzplatz hergestellt hatten, auf dem „OUTREACH – Mobile Jugendarbeit Berlin“ das Basketballspiel für Mädchen und der AWO-Jugendklub „Die Scheune“ Fußballspiel für alle anboten. Mit ein paar Teppichfliesen hatten die kreativen Stadtplaner einen Zebrastreifen für die Zeit des Festes installiert und einen „Platzhalter“ aufgebaut, einige variabel gestaltete Holzelemente, von denen einige bepflanzt waren, andere als Sitzelemente dienten. Hier konnte man sich per Kopfhörer Informationen über den Esperantoplatz und Meinungen zum Platz in Deutsch und in Esperanto anhören und seine eigene Meinung hinterlassen. Auf der Webseite yourkiez.de ist das wiederzufinden.
Michael Pinetzki stellte das Projekt auch auf unserer Bühne, dem Sternmosaik, vor. Hier führten Anja Hitze vom Interkulturellen Theaterzentrum (itz) und ich für die Esperanto-Liga Berlin als Moderatoren nicht nur durch das kulturelle Programm. Es wurden Initiativen vorgestellt wie die der Stadtagenten mit ihrer Pflege- und Pflanzaktion auf dem Platz und ihrer Bewertung der schönsten Baumscheiben im Kiez. Auch Gäste kamen hier zu Wort wie Janusz aus Polen, der seit 34 Jahren Esperanto spricht und auch in Deutschland viele Freunde hat. Unter der nach dem Begründer des Esperanto Ludwig Zamenhof benannten Zamenhofeiche wurde wieder Klartext geredet.
Die Bürgermeisterin betonte, dass das Fest stattfindet „vor dem Hintergrund einer Sprache, die die Menschen weltweit zusammenbringt“ und dankte allen, die dafür arbeiten, dass die Verständigung in Neukölln, wo über 150 Sprachen gesprochen werden, immer ein bisschen besser funktioniert. Sie forderte alle auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, sich gegen Fremdenfeindlichkeit und für die Bewahrung der demokratischen Werte in unserer Stadt einzusetzen und zeigte sich überzeugt davon, dass diejenigen, die für Esperanto sind, auch für eine weltoffene Gesellschaft, für eine weltoffene und vielfältige Stadt sind.
Unter dem Applaus der Festteilnehmer und zur Melodie der Europahymne zog sie gemeinsam mit Kindern, die alle einen Zipfel ergriffen hatten, dann das Tuch vom Schaukasten und enthüllte so das von der AG Urban und der Esperanto-Liga Berlin geschaffene neue Informationsplakat, das über Entstehung und Gestaltung des Esperantoplatzes, über Gebäude und Anlieger sowie über die Sprache Esperanto informiert. Das Museum Neukölln half mit Quellenmaterial.
Eine kleine Ausstellung neben dem Schaukasten stellte den Begründer der Sprache Esperanto Ludwig Zamenhof etwas genauer vor, da dieser Humanist im kommenden Jahr auf Beschluss der UNESCO anlässlich seines 100. Todestages als eine der großen Persönlichkeiten der Menschheit geehrt wird.
Alexander Danko, der eben noch auf dem Akkordeon die Europahymne intoniert hatte, spielte nun Alt-Berliner Melodien und brachte damit nochmal eine neue Stimmung in das Fest. Beim Kaffee und dem von A-Z-Mitarbeiterinnen selbstgebackenen Kuchen sitzt man gemütlich an den Tischen und Stühlen, die aus der nahe gelegenen Richard-Kirche herbeigeschafft worden waren, unterhält sich, in welcher Sprache auch immer, und sieht den zur Musik tanzenden Kindern zu oder flaniert von Stand zu Stand. Am Esperanto-Stand trifft man diesmal nicht nur den Experten Gerd Bussing, sondern auch Leute aus dem Esperanto-Laden in der Kreuzberger Katzbachstraße, wo sich die Geschäftsstelle des Deutschen Esperanto-Bundes befindet. Viele Kinder belagern den großen Tisch des itz und malen, einige gestalten sich am A-Z-Hilfen-Stand noch einen Button. Clemens vom itz hat nicht nur die Mikrofon- und Musikanlage voll im Griff, sondern sorgt heute auch für die Bewässerung der Grünflächen auf dem Platz. Den Polizisten, der hier nach dem Rechten schaut, sieht man in fröhlichem Gespräch mit Besuchern.
Bei Begegnungen und Gesprächen am Rande entsteht so manche neue Idee für den Platz. Die Landschaftsarchitektin Bettina Longardt, die 2007/08 den Esperantoplatz neu gestaltet hatte, berät mit dem Kollegen vom Grünflächenamt und der Standbetreuerin vom Quartiersmanagement, wie die Grünflächen so umgestaltet werden können, dass sie nicht mehr so stark verunkrauten. Der Künstler Christoph agi Böhm erhält neue Anregungen, wie sein Projekt der „Vogel/Welt/Stadt“ verwirklicht werden kann.
Der Esperantoplatz wurde nach dem Fest sauberer, gepflegter, mit neuen Pflanzen und einem attraktiver und informativer gestalteten Schaukasten hinterlassen.
Das Fest war ein Teamspiel, offen für neue Partner, die etwas für den Esperantoplatz tun wollen. Die Unterstützung des Sommerfestes mit Mitteln aus dem Aktionsfond des Quartiersmanagements Richardplatz Süd im Rahmen des Programms „Sozialen Stadt“ ermöglichte die Vielfalt von Aktionen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Am Ende dieses Festes freut man sich schon auf das nächste im Sommer 2017.
Fritz Wollenberg