Berliner in New York und das Virus

In der Zeitschrift »kulturnews« vom Juli-August 2020 befragte Ingo Knechtel aus der Redaktion verschiedene Künstler aus der ganzen Welt, mit denen der »kulturring e.V.« als Herausgeber seit langem in Verbindung steht.

Aus New York (USA) berichten Ulrich Becker und Uday Dhar.

„Seit Beginn der Corona-Krise hat sich bei uns in beruflicher Hinsicht nicht so sehr viel geändert. Wir waren beide schon seit längerem freischaffend und hatten unsere Arbeitsplätze am heimischen Computer bzw. in einem Atelier im Süden von Manhattan.
New York wurde sehr schnell eine der weltweit am schwersten betroffenen Metropole, und wir mussten bald zu Hause bleiben und dürfen bis heute nur zum Einkaufen, zu Arzt- und Apothekenbesuchen sowie für individuelles Fitness-Training an die frische Luft.”

Unser Haus-Historiker Fritz Wollenberg hat darauf aufmerksam gemacht, dass Ingo Knechtel zu den Gründern des Verlags »Mondial« en Lichtenberg gehört hat. Er für die Broschüre »Berlino por turistoj« die Fotos beigsteuert, die vom Mondial-Verlag zum Esperanto-Weltkongress (84a UK) 1999 in Berlin herausgegeben wurde

Uday Dhar schuf die Illustrationen der  Esperanto-Übersetzung von Goethes »Faust«, die 1999 im Mondial-Verlag enschienen ist.

„Ulrichs berufliche Selbstständigkeit konzentrierte sich seit längerem schon auf drei Gebiete: das Übersetzen aus dem Englischen ins Deutsche, das Grafik-Design (das er seit seiner Arbeit an den Kultur News professionalisiert hat) und auf die verlegerische Arbeit in seinem kleinen Verlag Mondial, in dem er vorwiegend Literatur in und über Esperanto veröffentlicht. Seine Faszination für die internationale Sprache Esperanto hatte bereits Mitte der 1970er Jahre angefangen – er pflegte sie damals im Kulturbund, wo er für wenige Jahre vor und während der Wende auch in der Abteilung Esperanto angestellt war.

Mit Beginn der Corona-Krise hat sich die Auftragslage für Übersetzungen und Grafik-Design um etwa 40 % verschlechtert, aber dafür konzentriert er sich mehr auf seinen Verlag, der in den letzten Jahrzehnten zu einem der führenden Esperanto-Verlage der Welt geworden ist. Die Kontakte mit Esperantisten aus der ganzen Welt sind es auch, die ihn besonders anspornen, trotz der komplizierten Situation nicht aufzugeben. Leider hat er mehrere seiner älteren Autoren in den letzten zwei Monaten an den Virus verloren: zwei Italiener und einen Engländer.

Gedicht aus der aktuellen Nummer des „Beletra Almanako“

In der bisher letzten Nummer der internationalen Literaturzeitschrift „Beletra Almanako“, die er seit 2007 mit einem Redaktionsteam aus fünf Ländern herausgibt, häufen sich Traueranzeigen, aber auch neue Texte – Prosa und Poesie – die sich kreativ mit dem Leben zu Viruszeiten auseinandersetzen. Um seine finanzielle Einbußen wenigstens teilweise auszugleichen, gibt Ulrich auch online Deutsch-Unterricht für Amerikaner [….] Die Stornierung unserer für Ende Mai geplanten Reise nach Deutschland ist uns eigentlich am schwersten gefallen.”

Sie wollten Ulrichs Mutter in Sachsen und andere Verwandten besuchen, auch ehemalige Kulturring-Kollegen und andere Freunde wiedersehen. Flüge, Zugfahrten und Hotels waren gebucht teilweise bezahlt. Sie bleiben optimistisch, daß die Reise nach Italien Ende September stattfinden kann, wo Ulrich seine Tochter in Umbrien treffen will.

Uday Dhar enthüllt auch persönliche Deteils zur Beziehung.

„Wir haben uns Anfang der 1990er Jahre in Berlin kennengelernt: Ulrich war als Projektleiter (und Designer der Kultur News) im Kulturring angestellt, Uday arbeitete als Architekt und freischaffender Künstler in Berlin – seine Zeichnungen und Gemälde wurden 1993 im Klub „7 Raben“ in Köpenick und 1994 in der „Galerie Ost-Art“ in Lichtenberg ausgestellt. Seit 1999 wohnen wir zusammen in New York City. Im Jahr 2018 haben wir geheiratet.

Website von Ulrich Becker mit Bibliografie

Mondial mit Esperanto-Abteilung

Im Verlag Mondial sind auch die Dokumentationen zum Esperanto-Jubiläum in Berlin erschienen.

„ Esperanto – Sprache und Kultur in Berlin und Brandenburg – 111 Jahre“, Hrsg. EVBB, Red. Fritz Wollenberg, Verlag Mondial – New York, Berlin, 509 Seiten, etwa 200 Illustrationen, ISBN 978-1-59569-340-2 (USA)

Über Roland Schnell

Eo ekde 1969, aktiva ekde 1974.
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